DFB-Pokal

Elf Freunde aus Leverkusen und ein großer Traum

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Andreas Morbach
Erfolgshungrig: Julian Brandt (r.) und seine Kollegen sehen Leverkusen nicht nur als Sprungbrett. Sie wollen bleiben und mit Bayer Titel gewinnen

Erfolgshungrig: Julian Brandt (r.) und seine Kollegen sehen Leverkusen nicht nur als Sprungbrett. Sie wollen bleiben und mit Bayer Titel gewinnen

Foto: Marius Becker / picture alliance / Marius Becker

Bayer Leverkusen ist die Mannschaft der Stunde. Das soll im Pokal-Halbfinale auch Bayern München zu spüren bekommen

Leverkusen.  Anfang Mai feiert Julian Brandt zwar erst seinen 22. Geburtstag. Das Bundesligadebüt des gebürtigen Bremers liegt aber schon über vier Jahre zurück. Entsprechend häufig hat Leverkusens Offensivspieler die diversen Sololäufe des FC Bayern von einer Meisterschaft zur nächsten verfolgt – und im Anschluss an jede neue Vollzugsmeldung aus dem Freistaat festgestellt: „Die Münchner haben im Pokal und in der Liga immer sehr professionell weitergemacht.“ Im Cup-Halbfinale, zu dem die Bayern am Dienstagabend (20.45 Uhr, ARD und Sky) bei der Werkself antreten, wird das nicht anders sein. Selbst wenn das höchste Glücksgefühl für den Rekordmeister und Rekordpokalsieger auch in dieser Saison der Triumph in der Champions League wäre.

Das weiß auch Brandt – bei dem es immer etwas schnodderig klingt, wenn er über einzelne Mitspieler oder sich selbst spricht. Inhaltlich hat der 14-malige Nationalspieler aber einiges zu bieten. Zum Beispiel nach dem 4:1 am Wochenende gegen Frankfurt, als er über den drei Jahre jüngeren Mitspieler Kai Havertz sagte: „Er ist das größte Talent, das wir in Deutschland haben.“

Wenn Havertz im Kopf so geerdet bleibe wie bislang, traue er ihm vom Talent her sogar den Sprung zum Weltstar zu, betonte Brandt. Ehe er wieder im saloppen Zungenschlag über das Verhältnis zu seinem 18-jährigen Kumpel berichtete: „Neben dem Platz hänge ich viel mit ihm herum. Klar, ich war auch sehr jung, als ich hier anfing. Inzwischen hab’ ich viel erlebt und versuche, ein bisschen was weiterzugeben.“

Brandt ist das Sprachrohr der jungen Bayer-Fraktion

Brandt, Olympia-Zweiter von Rio, ist in Leverkusen das Sprachrohr der sehr umfangreichen Fraktion jüngerer Spieler. Und derjenige, um den herum Bayer gerade mit großem Eifer ein Image im Elf-Freunde-Stil spannt. Nicht ohne Grund und mit einigem Stolz. Die Münchner „tz“ berichtete vor zehn Monaten schließlich schon, Brandt und die Bayern seien sich über einen Wechsel des Leverkuseners zum FCB zur Saison 2018/2019 einig. Auch der FC Barcelona soll Interesse an Brandt gezeigt haben, doch der verlängerte seinen Kontrakt bei Bayer vor knapp zwei Wochen um zwei Jahre bis 2021.

Damit folgte er den Kollegen Benjamin Henrichs (21), Jonathan Tah (22) und Kapitän Lars Bender (28), die in den vergangenen elf Monaten alle ihre Verträge verlängerten. Weitere hochveranlagte Spieler wie Herthas Mitchell Weiser gelten als potenzielle Sommereinkäufe. „Ich sehe, dass hier etwas Supergroßes heranwächst“, glaubt Brandt. Bis zur Ausweitung des Arbeitspapiers wurde einige Wochen verhandelt – der Ausblick auf künftig wohl wieder sprudelnde Champions-League-Gelder dürfte den Klubchefs eine deutliche Gehaltserhöhung für den Jungstar erleichtert haben.

Tah und Bender seien genau wie er überzeugt, mit diesem Team etwas erreichen zu können, betont Brandt und sagt: „Wir wollen Titel gewinnen.“ In diesem Jahr lockt der Pokalsieg, auf dem Weg zur ersten Trophäe seit 1993 liegt mit dem FC Bayern allerdings der größte denkbare Brocken im Weg. Doch die jüngsten klaren Erfolge gegen die direkte Konkurrenz aus Frankfurt und Leipzig (jeweils 4:1) haben den Leverkusenern Flügel wachsen lassen. So sagt Trainer Heiko Herrlich: „Jupp Heynckes ist für uns alle ein Vorbild, aber darauf können wir keine Rücksicht nehmen. Das wird er verstehen. Wenn er Meisterschaft und die Champions League gewinnt, hat er immer noch eine erfolgreiche Saison.“

Zu viel Respekt bei den 1:3-Niederlagen dieser Saison

„Die Tendenz bei uns ist sehr, sehr gut. Und wir strotzen nicht nur vor Selbstvertrauen, auch die Bayern dürften durch unsere letzten Auftritte gewarnt sein“, tönt Keeper Bernd Leno. Zweimal unterlagen die Rheinländer den Bajuwaren in dieser Saison schon mit 1:3. „Beide Male hatten wir zu viel Respekt. Jetzt haben wir immerhin genug Videomaterial, um etwas umzustellen“, kündigt Angreifer Kevin Volland an, dem gegen die Eintracht sein erster Hattrick gelang. Schelm Brandt sagt derweil vor dem dritten Duell: „Ich komme aus Bremen. Und dreimal ist Bremer Glück.“

Die Redensart an der Weser lautet zwar „dreimal ist Bremer Recht“. Aber bei Julian Brandt gilt eben auch hier: Die Botschaft ist wichtiger als die korrekte Form.