Berlin. Oben bleiben. So lautet die Devise der deutschen Rugby-Nationalmannschaft für die kommenden Wochen. Sie gilt zum einen für die Spieler, die sich am vergangenen Wochenende bei der 3:57-Niederlage gegen Russland oft am Boden fanden. Einer von ihnen ist Falk Duwe, Kapitän des RK 03 Berlin. Wie seine Nationalmannschaftskollegen wurde auch er des Öfteren von einem Spielerpulk begraben. Spielzug um Spielzug rappelte er sich wieder auf, im Gewühl von schwarzen und roten Trikots blieb der 1,91 Meter große Berliner nicht lange außer Gefecht gesetzt.
Zum anderen will auch die Nationalmannschaft als solche oben bleiben. Oben, das ist die Rugby Europe International Championship, die zweithöchste Länder-Liga auf dem Kontinent. Sie ist Europameisterschaft und zugleich Qualifikationsformat zur Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Japan. Für das deutsche Team geht es nach der fünften Pleite im fünften EM-Spiel dieses Jahres nun darum, die Klasse zu halten. In der Relegation am 19. Mai wartet voraussichtlich Portugal auf die 15er-Auswahl des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV).
Dabei zeichnete sich noch vor einem Jahr ein Bild vom deutschen Rugby, das Grund zur Euphorie gab. Durch überraschende Erfolge fand die Nationalmannschaft international Anerkennung, vor allem der unerwartete Sieg gegen favorisierte Rumänen im Februar 2017 bescherte Aufmerksamkeit. Falk Duwe erinnert sich: „So eine gute Ausgangslage wie vor einem Jahr hatte das deutsche Rugby noch nie.“
Zwölf Monate später liegt es in Deutschland am Boden. Ursache für die Krise: Das Zerwürfnis des DRV mit dessen Mäzen, Unternehmer Hans-Peter Wild. Gegenseitige Vorwürfe und Ränkespiele mündeten im Austritt der von Wild beschäftigten Nationalspieler, die durch ihre Anstellung professionell trainieren konnten. Schließlich kam es zum Bruch mit dem Verband. Und damit zum sportlichen Absturz.
Falk Duwe gibt sich bei der Bewertung diplomatisch. Dass das vergangene Jahr dem Rugby schweren Schaden zugefügt hat, sei allen bewusst. Trotzdem wolle er „keine Politik betreiben und nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen“. Diese zurückhaltende Art verdankt der 30-Jährige auch dem Sport, ebenso wie Respekt und Fairplay, zwei Werte, die im Rugby elementar sind.
Für das streikende Nationalteam in die Bresche zu springen und „den Karren aus dem Dreck zu ziehen“, empfindet Duwe dennoch als Ehre. „Keiner aus der Mannschaft denkt, dass wir schon abgestiegen sind. Jeder versucht, sein Bestes zu geben und jedes Spiel zu gewinnen“, sagt der Berliner mit dem Kämpferherz. Allerdings ist er nicht der Typ, der ein schlechtes Wort über seine Teamkameraden verlieren würde.
Seine Qualitäten als Anführer sind im Bundesliga-Alltag mit dem RK 03 oft gefragt. Auch hier kennt der Amateur die Auseinandersetzung mit übermächtigen Gegnern, vornehmlich in Gestalt der süddeutschen Profi-Teams, die seit einigen Jahren den Meistertitel unter sich ausmachen.
Der Verein, für den der Webdesigner seit über 15 Jahren spielt, sei für ihn „wie eine zweite Familie“. Zu seinem Arbeitgeber, Fahrradgroßhändler und Wasserball-Bundestrainer Hagen Stamm, unterhält er ebenfalls eine enge Beziehung. Stamm sei verständnisvoll und unterstütze ihn bei der Vereinbarkeit von Beruf und Leistungssport.
Verständnisvolle Chefs, eine umfassende Förderung, Leistungszentren in ganz Deutschland – die Liste mit Bedingungen für einen Neuanfang des Rugbys in Deutschland ist lang. Unerlässlich für eine breitere Wahrnehmung der Sportart und die Gesundung der Nationalmannschaft ist für Falk Duwe jedoch ein Spieler mit Vorbildfunktion, den jeder kennt. Auf die Frage, ob er selbst für diese Rolle geeignet sei, entgegnet Duwe bescheiden: „Ich muss keine Ikone sein, das kann ruhig jemand anderes werden.“