Berlin

Schach: Mamedscharow ist der Coolste im Kühlhaus

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Berlin. Sechs von vierzehn Runden sind beim Kandidatenturnier der Schach-WM absolviert, sportlich gesehen kommen die an Wochenendtagen bis zu 400 Zuschauer im Kühlhaus am Gleisdreieck und die Hunderttausende, die den Partien online folgen, auf ihre Kosten. Der US-Amerikaner Fabiano Caruana, der zusammen mit Schachrijar Mamedscharow (Aserbaidshan) an der Spitze steht, sagt, er habe „noch nie bei einem Weltklasseturnier so viele komplizierte Partien erlebt“. Es gab noch keine Runde, in der nicht mindestens in einer Partie das Brett brannte. Dazu trägt auch bei, dass die acht Großmeister überraschend scharfe Eröffnungen präpariert haben.

Heraus stach die Begegnung zwischen Lewon Aronjan und Wladimir Kramnik. Mit auf den ersten Blick bizarren Zügen brach Kramnik früh einen Königsangriff los, den er mit einem brillianten Mattangriff unter Opfer mehrerer Figuren krönte. Experten schwärmen von einer der besten Partien der letzten Jahre.

Überhaupt war der Russe in der ersten Turnierhälfte auffälligster Spieler. Doch die durch den Glanzsieg gegen Aronjan eroberte Führung hielt nicht. In der folgenden Runde zauberte er gegen Caruana wilde Komplikationen aufs Brett. Diesmal verpasste Kramnik nicht nur den Gewinn, sondern auch mehrere Wege zum Remis – und verlor in Zeitnot.

Gegen Mamedscharow bekam Kramnik die Möglichkeit durch Zugwiederholung ein technisches Remis zu machen. Der Ex-Weltmeister wollte lieber weiterkämpfen. Schob dann einen Bauern so aberwitzig weit vor, dass er nicht mehr zu decken war. Wenige Züge später war der Bauer verloren und in höherem Sinn auch die Partie.

Was verpasste Chancen mit einem anstellen, erlebte auch Aronjan. Beim Remis gegen Alexander Grischtschuk. fand der Armenier den K.o.-Schlag nicht. Andere hätten nach einem solchen Remis-Enttäuschung die folgende Partie extra solide angelegt. Doch Aronjan strebte auch gegen Wesley So das Maximum an - und wurde präzise abgestraft, als er zu viel wollte.

Nun liegen zwei Spieler mit einem Punkt Vorsprung vor dem Feld, die bisher pragmatischer vorgingen. Nämlich Caruana, der 25jährige Amerikaner, auf dessen Sieg kein Geringerer als Weltmeister Magnus Carlsen (Norwegen) getippt hat, und eben Mamedscharow. Früher galt er als Heißsporn, kämpfte oft mit der Brechstange. Nun war der 32-Jährige öfter am kürzesten Remis des Tages beteiligt. Chancen, die sich boten, nutzte er. Im Kühlhaus ist Mamedscharow bisher der Coolste.

( St. Löffler )