Berlin. Für Wladimir Kramnik läuft das derzeit in Kreuzberg stattfindende Kandidatenturnier wie ein Traum. Nach zwei Siegen und einem Remis in den ersten drei Runden führt der frühere Schachweltmeister das Feld der acht Kandidaten alleine an. Während sich seine Verfolger, der Amerikaner Fabiano Caruana und der Aserbaidschaner Schachrijar Mamedscharow am Montag remis trennten, gelang dem mit 42 Jahren ältesten Teilnehmer in der bisher spektakulärsten Partie des 14-rundigen Turniers ein Glanzsieg gegen Lewon Aronjan. 27 Züge genügten Kramnik, um den Armenier vom Brett zu fegen.
Dabei konnte der Russe mit einem auf den ersten Blick mysteriösen Turmzug, den er schon vor Jahren ausgearbeitet hatte, schon im siebten Zug einen Königsangriff einleiten. Kramnik nannte es „enormes Glück, dass ich hier in einer so wichtigen Partie dazu kam. Ich rechnete damit vielleicht gegen Carlsen oder Anand. Aronjan war der letzte, gegen den ich das erwartete.“ Der Armenier eröffnet nämlich sonst fast nie mit dem Königsbauern. Am Brett konnte sich Kramnik zwar nur noch schemenhaft an seine Jahre zurückliegenden Analysen erinnern, doch er fand in der ungewöhnlichen Konstellation einen Kraftzug nach dem anderen.
Selbst ein hübscher Abschluss mit Opfern und Mattangriff war den 200 Zuschauern im Berliner Kühlhaus vergönnt. Als Aronjan aufgab, hatte er zwar einen Turm mehr auf dem Brett, doch er wäre binnen weniger Züge mattgesetzt worden. Für Aronjan, dessen Familie in Hohenschönhausen lebt und der in Berlin besonders viele Fans hat, ist die Niederlage ein herber Rückschlag. Nach bisher nur zwei Remis teilt er den vorletzten Platz. Nur der Amerikaner Wesley So ist mit zwei Niederlagen noch schwächer gestartet.
Die Spielbedingungen sind anfangs von mehreren Teilnehmern kritisiert worden. Inzwischen hat die russische Veranstalterfirma WorldChess einige Probleme im Griff. Schachlich und kämpferisch lässt das Turnier wenig zu wünschen übrig. Am Dienstag ist spielfrei. Die vierte Runde beginnt am Mittwoch um 15 Uhr.