Pyeongchang. Am Abend der Silbermedaille empfand es Andreas Wellinger als Berufung, ein Beruf soll daraus aber nicht werden. Dabei hätten viele Kneipiers dem Skispringer vermutlich sogleich Jobangebote unterbreitet, als dieser im Deutschen Haus hinter statt vor dem Tresen stand und Bier zapfte.
Der 22-jährige Wellinger hat in Pyeongchang drei Olympia-Medaillen gewonnen und eine lange Karriere mit voraussichtlich vielen Erfolgen vor sich. An die Zeit nach dem Skispringen will er noch nicht denken, wobei er beruflich seine Weichen mit einem Studium der Betriebswirtschaftslehre in München gestellt hat. „Ich will mir ein Standbein aufbauen, es gibt ja nach dem Sport noch 30 Jahre Arbeit.“
Die Altersvorsorge spielt bei Leistungssportlern eine genauso große Rolle wie bei üblichen Arbeitnehmern – sie wird nur leicht durch Titel und Pokale verdrängt. „Wenn ich mir jetzt Gedanken über die Rente machen würde, bin ich, glaube ich, falsch“, sagt Wellinger. Viele seiner Kollegen denken da anders: Sport auf Weltklasseniveau fordert viele Entbehrungen. Eine Ausbildung steht im Wettkampfplan immer an zweiter Stelle. In die Rentenkasse fließt dann häufig nichts ein. Die Spitzensportreform sieht deshalb eine Rente für Topsportler und bessere Voraussetzungen bei einer dualen Karriere vor. Gestemmt werden sollen sie mit zwölf bis 14 Millionen Euro aus einem Topf von bis zu 120 Millionen Euro mehr an Unterstützung, die der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bei der neuen Bundesregierung zur Umsetzung des gesamten Reformpakets beantragt hat.
Wellinger steht wie auch Biathlon-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier oder die Alpin-Stars Viktoria Rebensburg und Felix Neureuther finanziell sehr gut da. Unter den rund 4000 Sportlern, die die Stiftung Deutsche Sporthilfe jährlich mit 14,5 Millionen Euro unterstützt und für die Zuwendungen zwischen 300 und 1500 Euro oftmals die Existenzgrundlage sind, kann der Großteil aber nicht mit großer Lockerheit das Sparen fürs Alter angehen. Laut einer Studie mit mehr als 1100 Spitzenathleten liegt der Durchschnittsverdienst bei knapp 2000 Euro brutto. In der Erfolgsgesellschaft ist Ruhm schnell vergessen. Wer zudem mit Geld nicht umgehen kann, sieht sich nach der Laufbahn einer Leere im Leben und im Portemonnaie konfrontiert. Für viele Athleten in weniger beachteten Sportarten, die vielleicht nicht Erster, aber immerhin Achter werden, könnte die Rente eine willkommene Anerkennung sein. „Ich finde es großartig, dass man in die Richtung derer denkt, die gar nichts haben“, sagt Konstantin Schad.
Der Snowboarder passt in dieses Profil – gut genug für Olympia, nicht gut genug für eine Medaille –, er genießt aber einen Sonderstatus. Schad ist einer von 744 Bundeswehrsportlern, ähnliche Förderprogramme gibt es beim Zoll und der Bundespolizei. Zusätzlich zur Renteneinzahlung aus dem Staatsdienst aber „muss ich mich privat kümmern und mache das auch – aber das kann vielleicht nicht jeder“.