Berlin. Als Mensur Suljovic zuletzt in Berlin Darts gespielt hat, vor rund 15 Jahren bei einer Partie in der Bundesliga, waren in der Halle keine 100 Zuschauer. Das war, bevor der Darts-Boom Deutschland erreichte. Zu den Gastspielen der European Tour 2012 und 2014 kamen bereits 3000 Interessierte. Doch auch das ist kein Vergleich zu dem, was die Spieler an diesem Donnerstag in der ausverkauften Mercedes-Benz Arena erwartet. 12.000 Fans werden dabei sein, wenn die prestigeträchtige Premier League erstmals in Deutschland Station macht (20 Uhr, DAZN). Das ist die größte Zahl, die die Professional Darts Corporation (PDC) je vermelden konnte. Weltrekord.
Sämtliche Stars sind in Berlin am Start, der Weltranglisten-Erste Michael van Gerwen (Niederlande), Weltmeister Rob Cross, Gary Anderson und Peter Wright (alle Großbritannien). Als bester Spieler aus dem deutschsprachigen Raum hat sich der Österreicher Suljovic für das mit 930.000 Euro dotierte Eliteturnier qualifiziert. Damit sind zehn der besten 13 Spieler der Weltrangliste (Order of Merit) in Berlin vertreten. Rekordweltmeister Phil Taylor aus England hat seine Karriere Anfang des Jahres beendet.
Darts boomt
„Darts hat sich in Deutschland prächtig entwickelt. Wir mussten von Jahr zu Jahr in größere Hallen gehen, die Premier League ist jetzt das i-Tüpfelchen“, sagt PDC-Chef Barry Hearn. Der zweifache Weltmeister van Gerwen gerät ins Schwärmen, wenn er an die Stimmung in deutschen Hallen denkt: „Die deutschen Fans lieben Darts.“ Dass dieses Mal noch kein Einheimischer den Sprung in das Starterfeld geschafft hat, tat der Begeisterung im Vorfeld keinen Abbruch.
Nationalitäten spielen beim Darts ohnehin eine untergeordnete Rolle. Van Gerwen glaubt: „Die Fans wollen einfach gut unterhalten werden.“ Der Niederländer ahnte früh, dass der deutsche Markt für den Dartsport einmal sehr wichtig werden könnte. Vor zwei Jahren wollte er sich für einige Zeit ins Kloster zurückziehen, um in einem von Nonnen geführten Sprachinstitut sein Deutsch zu verbessern. Der Plan scheiterte am Zeitmangel. Schließlich ist van Gerwen fast jede Woche irgendwo auf Turnieren unterwegs.
Warten auf einen Star aus Deutschland
Aus Sicht seines Landsmanns Raymond van Barneveld, 2007 Weltmeister, fehlt den deutschen Spielern genau diese Wettkampfhärte, um in die Weltspitze vorzustoßen. „Sie müssten noch viel häufiger im Ausland gegen die Besten antreten“, meint van Barneveld. Das Argument mangelnder Sponsoren lässt er dabei nicht gelten: „Wenn sie nicht spielen, kommen die Sponsoren auch nicht. Wenn sie wollen, dass die Sponsoren auf sie aufmerksam werden, dann müssen sie dafür auch etwas investieren.“
Immerhin hatten sich zuletzt gleich zwei Deutsche für die Weltmeisterschaften qualifiziert: der Strausberger Martin Schindler und Kevin Münch, der es sogar bis in die zweite Runde schaffte. Auch Max Hopp mischt bereits auf der Pro-Tour der PDC mit. Von dem Sport zu leben, ist eine Herausforderung – Schindler zum Beispiel wohnt immer noch zu Hause. Mensur Suljovic sieht die drei Deutschen allerdings auf einem guten Weg. Er meint: „In ein, zwei Jahren können sie ganz vorn mitmischen.“ Dann würde die Begeisterung für den Dartsport hierzulande weiter wachsen.