Berlin. Elisa Silz ist die beste Schachspielerin Berlins. Für die nationalen Titelkämpfe in Bayern fehlt es ihr allerdings etwas an Zeit.
Als er seiner damals achtjährigen Tochter das Schachspielen beibrachte, war der Vater von Elisa Silz noch mächtig stolz gewesen, wie schnell sie sich zurechtfand. Inzwischen lehnt er es ab, gegen sie zu spielen – weil sie ihm zu gut geworden ist. „Und wenn wir doch mal eine Partie spielen, besteht er danach noch auf einer Runde Mühle“, erzählt sie. „Denn da gewinnt er.“
Die 25-Jährige vom SV Empor ist Berlins beste weibliche Schachspielerin. Sie wäre auch für die Deutschen Meisterschaften Ende März in Bad Wiessee in Bayern qualifiziert. Doch auf das Turnier am Tegernsee muss sie verzichten: „Sonst müsste ich eine Woche Urlaub nehmen, das geht nicht.“
Vor zwei Jahren startete sie schon einmal bei den Schnellschach-Meisterschaften, doch in der klassischen Variante wäre es ihre erste Teilnahme gewesen. „Mir blutet das Herz, weil ich absagen muss“, sagt Silz. Sie hofft nun, dass die nationalen Titelkämpfe bald auch einmal in Berlin und nicht immer nur in Bayern stattfinden – dann könnte sie leichter daran teilnehmen. Als Vizepräsidentin des Berliner Schachbundes hat sie es mit in der Hand, ob der Traum Realität wird.
Lieber echte Gegner als Schachcomputer
Turnierschach spielt Elisa Silz, seit sie zwölf Jahre alt ist. „Mich fasziniert das Strategische“, sagt sie. „Man überlegt immer, was der Gegner als nächstes machen wird und wie man das verhindern kann.“ Vom Aufbau her sei es eigentlich ein simples Spiel. „Aber es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, wie sich eine Partie entwickeln kann. Es ist jedes Mal wieder ein anderes Spiel.“
Jeden Freitag trainiert Elisa Silz im Vereinsheim des SV Empor in Prenzlauer Berg. Sie spielt lieber gegen echte Gegner als immer nur gegen den Schachcomputer. „Der Computer denkt einfach nicht wie ein Mensch. Da kann man keine psychologischen Tricks anwenden“, sagt sie. Das Spiel mit den Nerven ist eine ihrer Stärken. Oft kann sie so auch in scheinbar ausweglosen Situationen noch wenigstens ein Remis retten.
„Frauen spielen entweder sehr zurückhaltend – oder sehr aggressiv“, sagt Elisa Silz. Als Frauenreferentin des Berliner Schachbundes weiß sie, wovon sie spricht. Der Anteil der Frauen ist in den Vereinen der Stadt allerdings sehr gering, Silz schätzt ihn auf „fünf bis acht Prozent“. Der Verband versuche zwar gezielt, Mädchen anzusprechen und für die Vereine zu gewinnen. Doch viele Frauen würden mit dem Sport aufhören, wenn sie Familie und Beruf haben, wohingegen Männer häufig noch bis ins hohe Alter Schach spielen. „Kurz gesagt spielen deshalb meist ältere Herren gegen junge Damen“, sagt Elisa Silz.
Oft blöde Sprüche von Männern
Ein Grund für den geringen Frauenanteil seien die Sprüche, die sich die Schachspielerinnen von ihren männlichen Kollegen anhören müssten. „Dumme Sprüche gibt es leider immer wieder“, sagt Elisa Silz. Auch deshalb gibt es separate Wettbewerbe für Frauen, bis hin zu eigenen Weltmeisterschaften. Gerade erst ist im Iran die Frauen-WM zu Ende gegangen, Gold ging dabei an Tan Zhongyi aus China.
Leistungsmäßig bräuchten sich die Frauen im Schach vor den Männern nicht zu verstecken, meint Elisa Silz. Sie glaubt: „In spätestens zehn Jahren wird eine Frau Weltmeisterin sein.“ Tatsächlich ist die sogenannte Deutsche Wertungszahl (DWZ), mit deren Hilfe sich die Spielstärke einzelner Spieler vergleichen lässt – ähnlich wie das Handicap beim Golf –, bei Frauen im Durchschnitt höher als bei Männern. Ironischerweise liegt auch das zum Teil an den chauvinistischen Sprüchen der Männer: Viele eher mäßig talentierte Frauen hören deshalb irgendwann mit dem Schachspielen auf. Übrig bleiben nur die richtig Guten. Spielerinnen wie Elisa Silz.
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