Nachdem am 6. Juli die Münchener Kandidatur um die 23. Winterspiele 2018 am südkoreanischen Pyeongchang gescheitert war, und jetzt auch die Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im südafrikanischen Durban beendet ist, sagte IOC-Vizepräsident Thomas Bach: „Wir sprechen am Mittwoch im Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes ganz grundsätzlich darüber, wie es weitergehen soll. Dabei wird auch die Frage diskutiert, ob sich Deutschland um Winter- oder auch um Sommerspiele bewerben soll.“
Bevor sich der DOSB ab 2007 ganz auf das Projekt Winterspiele in München konzentrierte, hatten Berlin und Hamburg Interesse an Sommerspielen signalisiert. Die deutsche Hauptstadt wollte erneut Anlauf zu nehmen, nachdem sie 1993 mit ihrer Bewerbung um Sommer-Olympia 2000 klar gescheitert war. Eine aktuelle Interessensbekundung für Sommerspiele gibt es laut Bach derzeit von keiner deutschen Stadt.
Ehrenpräsident Manfred von Richthofen vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) sprach sich für eine Bewerbung um Sommerspiele aus und brachte erneut Berlin ins Gespräch. „Wenn sich Deutschland um Sommerspiele bewirbt – und dafür bin ich –, bin ich natürlich für Berlin. Viele moderne Sportstätten sind vorhanden, große Sportereignisse wie die Fußball-WM, die Leichtathletik-WM oder der Auftakt der Frauenfußball-WM wurden organisatorisch hervorragend gemeistert“, sagte der frühere Chef des Deutschen Sportbundes.
Realisisch wären neue deutsche Pläne für Sommerspiele wohl erstmals für das Jahr 2024, denn im Falle 2020 ist bereits am 1. September Abgabefrist. Bisher haben Rom als Olympiastadt von 1960, Tokio als Gastgeber 1964 und das schon viermal gescheiterte Istanbul großes Interesse bekundet. Vergeben werden die Spiele im September 2013 auf der 125. IOC-Session in Buenos Aires. Dort wird auch ein Nachfolger für IOC-Präsident Jacques Rogge gewählt. Thomas Bach werden Ambitionen nachgesagt, er selbst äußert sich nicht dazu.
Wird am Mittwoch eine Bewerbung um Sommerspiele verworfen, würde die Frage in den Mittelpunkt rücken, ob es für 2022 einen erneuten Ahlauf um Winterspiele geben könne. Bach lässt keinen Zweifel daran, dass nach seiner Meinung erneut nur München in Frage kommt. Er sagt: „Erst muss eine sorgfältige Analyse her, die erkennen lässt, ob eine erneute Bewerbung Sinn macht. Für die Abgabe haben wir dann über zwei Jahre Zeit.“
Der frühere IOC-Vize Richard Pound sieht jedenfalls für München erstklassige Chancen bei einer erneuten Bewerbung um Winterspiele. Der Kanadier erklärte dem Nachrichten-Magazin „Der Spiegel", bei der Münchner Bewerbung „hat eigentlich alles gestimmt“. Das klare 63:25-Votum für Pyeongchang bewertete der Anwalt aus Montreal als sportpolitische Entscheidung für neue Märkte und einen gerechteren Ausgleich zwischen den Kontinenten.
Eine erneute deutsche Kandidatur würde die Deutsche Olympische Gesellschaft (DOG) begrüßen. „Die olympische Idee lebt und blüht im Sportalltag“, sagte DOG-Präsident Harald Denecken nach einer Präsidiumssitzung in Frankfurt, „in der Bewegungsförderung für Millionen von Menschen aller Altersstufen, in der gesellschaftspolitischen Tragweite der sportlichen Arbeit in Verbänden und Vereinen und in der Pflege des Kulturgutes Sport als einer der wichtigsten Lebensgrundlagen unserer Zeit.“ Diese Dimension sportlichen Engagements in unserem Land rechtfertige eine erneute Olympia-Bewerbung.