Winterspiele in Pyeongchang

Olympia 2018 – nur 25 Stimmen für München

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Christian Putsch

Nun ist es endgültig: Nicht München, sondern Pyeongchang wird die Olympischen Winterspiele 2018 ausrichten. Die Entscheidung des IOC ist strategisch und politisch nachvollziehbar.

Die Hoffnung auf olympische Winterspiele in München schwand gestern schon am frühen Nachmittag. Da war klar, dass die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nur einen Wahlgang benötigt hatten, um sich mit absoluter Mehrheit für den Gastgeber 2018 zu entscheiden. Bei seinen vorangegangenen Bewerbungen hatte Südkoreas drittgrößte Stadt Pyeongchang den ersten Wahlgang gewonnen, jedoch nicht mit absoluter Mehrheit. Später zogen Vancouver (2010) und Sotschi (2014) dann noch an den Asiaten vorbei. Das war auch die Hoffnung der Münchner Bewerbungsgesellschaft gewesen.

Es kam anders. 17.18 Uhr öffnete IOC-Präsident Jacques Rogge im Durbaner Kongresszentrum den Umschlag mit jenem Zettel, auf dem der Name der Siegerstadt zu lesen war: Pyeongchang. Entsprechend groß war der Jubel bei den Südkoreanern, die das Unternehmen Olympia vor über zehn Jahren zur nationalen Priorität erhoben hatten.

Yong Sung Park, Chef des Nationalen olympischen Komitees in Südkorea, befand: „Diese Bewerbung gibt auch ein Zeichen der Hoffnung an Entwicklungsländer in aller Welt. Die Spiele waren in der Vergangenheit nur für reiche und große Länder. Mit einem guten Programm kann die olympische Idee in neue Regionen gebracht werden.“ München und Annecy blieb lediglich Rogges Dank für „exzellente Bewerbungen“. Als der Belgier das aussprach, war eine der deutschen Bewerbungs-Frontfiguren schon wieder auf der Heimreise. Franz Beckenbauer. „Ich muss ja arbeiten morgen“, sagte er. Und zwar beim „Kaiser“-Cup, einem Charity-Golfturnier in Bad Griesbach: „Das ist ganz wichtig, da sammle ich viel Geld ein für meine Stiftung.“

Mit 63 von 95 Stimmen der wählenden IOC-Mitglieder fiel die Entscheidung deutlich zu Gunsten von Pyeongchang aus. München kam lediglich auf 25 Stimmen, Annecy sogar nur auf sieben. „Das ist eine enttäuschende Niederlage“, gestand der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und IOC-Vizepräsident, Thomas Bach, im ZDF.

Frust klang durch, als er anfügte, die „offensichtliche Grundsatzentscheidung zugunsten von Asien, von neuen Märkten, ist sehr deutlich ausgefallen. Damit müssen wir jetzt umgehen“. Ob oder wann Deutschland sich erneut um Olympische Spiele bewerbe, „werden wir in aller Ruhe und mit gebührendem Abstand entscheiden“, sagte Bach. „Aber wir setzen uns nicht unter Zeitdruck.“ Die Erfolgsaussichten der Münchner Kampagne waren von Beginn an schwer zu kalkulieren. Nur 85 Nationen schicken Athleten zu Winterspielen, über nennenswerte Skigebiete verfügen noch weit weniger. Das Verständnis für Sport auf Eis und Schnee ist deshalb oft gering, und es ist fraglich, ob wirklich das beste Gesamtpaket zählte, das München für sich beanspruchte – oder nicht doch viel mehr das Versprechen auf die Erschließung neuer Wintersportmärkte. Von der Kränkung der südkoreanischen Regierung und des Topsponsors Samsung im Falle einer erneuten Abfuhr ganz zu schweigen.

„Mit einer Niederlage muss man immer rechnen, wenn man so einen Wettbewerb eingeht. Für mich ist es wichtig, dass hier alle ihr Menschenmögliches gegeben haben“, fand Horst Seehofer (CSU), Bayerns Ministerpräsident. Bundespräsident Christian Wulff zeigte sich dennoch als fairer Verlierer: „Wir gratulieren Pyeongchang. Wir wussten, dass es sehr schwer werden würde“, sagte er. „München und Deutschland haben sich im Wettbewerb als sympathisch, offen und sportbegeistert dargestellt.“ Die Deutschen hatten gestern früh, 8.45 Uhr, eine so fehlerfreie wie bewegende finale Präsentation. Es zähle nicht die Frage, wie oft sich jemand beworben habe, sagte Bach. Er verwies damit auf gescheiterte Bewerbungen Deutschlands, das zuletzt 1936 Winterspiele austragen durfte – und meinte indirekt doch den Hauptkonkurrenten Pyeongchang. „Heute geht es um die Verdienste für die olympische Bewegung, um die Verantwortung für Athleten und die Umwelt“, rief Bach.

Ähnlich wie die Deutschen gaben sich auch die Franzosen und Südkoreaner gestern keine Blöße mehr. Frankreich bekam allerdings bei der anschließenden Pressekonferenz seine Außenseiterrolle zu spüren: Es tauchten nicht einmal zehn Journalisten auf, so dass der Saal eilig mit der eigenen Delegation aufgefüllt wurde.

Pyeongchang setzte dagegen mit Nachdruck sein Anliegen durch. „Wir haben unsere Versprechen an die olympische Familie seit über zehn Jahren eingehalten“, sagte Bewerbungschef Yang-Ho Cho, „wir sind bereit.“ Auf einer Leinwand leuchteten die Schauplätze der bisherigen 21 Winterspiele – 19 fanden in traditionellen Märkten in Europa und Nordamerika statt, nur zwei in Asien (Sapporo 1972, Nagano 1998). Mit einer ähnlichen Botschaft hatte schon Rio de Janeiro vor der Vergabe der Sommerspiele 2016 für sich geworben. Mit Erfolg. „Neue Horizonte“ heißt deshalb das Motto, oder anders ausgedrückt: Wir sind dran! Den Nachfragen zum Mangel an Schnee hielt Cho Zahlen entgegen – der Schnee liege bis zu 36 cm hoch. Und: „Wir haben 498 Schneekanonen.“