Bryce Taylor war fassungslos: "Ich habe keine Erklärung, warum wir das Spiel aus der Hand gegeben haben", sagte der Basketballprofi von Alba Berlin. Dann schlich er wie seine Teamkollegen vom Parkett; das Abklatschen mit den Fans wurde zur traurigen Veranstaltung.
Auf den Tribünen in der O2 World schüttelten die Fans ungläubig den Kopf. Nach einem fürchterlichen Einbruch im letzten Viertel (5:24) unterlag Alba Berlin im zweiten Play-off-Halbfinale verdient gegen die Frankfurt Skyliners 72:80 (46:38). Jetzt steht es in der Serie (Modus "Best of five") 1:1, die nächste Partie steht am Mittwoch bei den Hessen auf dem Programm.
Die Berliner müssen nun schnell zurückkommen und die Niederlage abhaken. Physisch und psychisch. "Wellenbäder der Emotionen muss man aushalten", meinte Geschäftsführer Marco Baldi. "Das ist sehr enttäuschend", sagte Yassin Idbihi. Der Berliner Center war mit 17 Punkten bester Werfer seiner Mannschaft und auch Bester im Team. "Wir haben einfach nicht mehr gut verteidigt", nannte er einen Grund für die Niederlage.
Dabei waren die Berliner doch optimal gestartet. Bereits nach knapp zwei Minuten nahm Frankfurts Coach Gordon Herbert eine Auszeit - sein Team lag 0:6 zurück. Aber die kurze Besprechungspause half nur Alba, das nach vier Minuten mit 15:4 in Front lag. Acht Rebounds bei Alba, keiner bei den Gästen, auch das zeigte die Machtverhältnisse in der Anfangsphase.
Langsam lösten sich die Frankfurter aber aus ihrer Schockstarre. Berlins Abwehrspezialist Immanuel McElroy lieferte sich wieder einen zähen Kampf mit Skyliners-Spielmacher DaShaun Wood, der anfangs nicht punkten konnte, aber kluge Pässe zu seinen Mitspielern gab. Zwar betrug die Führung nach zehn Minuten noch sechs Zähler (24:18), aber der ganz große Schwung war bei Alba weg. Einige Minuten waren die Berliner von der immer physischer werdenden Spielweise der Frankfurter aus dem Konzept gebracht. Erstmals lagen McElroy und Co. nach zwölf Minuten zurück (24:25).
Mehr Ringen als Basketball
Es wurde immer härter, und Alba nahm den Kampf an. Nach 13 Minuten hatte Frankfurt schon zwei unsportliche Fouls kassiert, wobei ein herber Bodycheck von Wood gegen Alba-Spielmacher Taylor Rochestie nur mit einem "normalen" Foul bestraft wurde. Wood war fortan der Buhmann der Fans. Angeführt von Julius Jenkins (13 Punkte) fing sich Alba wieder. Zwar war Frankfurt bei den Rebounds überlegen, die Berliner trafen jetzt aber wieder besser, erkämpften sich erneut eine Zehn-Punkte-Führung (41:31/16. Minute). Doch jedem in der Halle war klar, dass diese Frankfurter Mannschaft alles unternehmen würde, um zurückzukommen. Der Acht-Zähler-Vorsprung Albas zur Pause (46:38) war alles andere als komfortabel. Spielerische Highlights waren kaum zu sehen, manchmal glich es mehr einem Ringkampf, was die 10 711 Fans sahen.
Binnen zwei Minuten kassierten die Frankfurter erst ein technisches Foul (gegen die protestierenden Trainer) und dann ein unsportliches Foul gegen Wood. Die Nerven lagen vor allem bei den Frankfurtern blank. Alba fing sich, Derrick Allen und Rochestie (13) besorgten das 60:46 nach 26 Minuten. Doch schnell war Frankfurt wieder dran (63:56). Wenig hilfreich war es für Alba auch, dass immer wieder Freiwürfe vergeben wurden (insgesamt nur 24 Treffer bei 35 Versuchen). Auch ein 67:56 (30.) gab keine Sicherheit, Center Miroslav Raduljica musste mit Rückenblockade raus. Und jetzt wurde Wood (23 Punkte) immer stärker, er zog teilweise eine Ein-Mann-Show ab (67:65/35.). Alba agierte überhastet, traf nichts mehr, haderte mit Schiedsrichterentscheidungen. Als "teilweise kopflos" bezeichnete Baldi den Auftritt seines Teams in dieser Phase. Über acht Minuten lang im letzten Viertel ohne Punkt, die Defensive überfordert - eine Katastrophe. "Wir haben viele falsche Entscheidungen getroffen", sagte Rochestie. Zwei Minuten vor Schluss lag Alba 67:73 zurück. Nach acht Minuten und 33 Sekunden endlich ein Berliner Punkt durch Allen (68:73). Albas Einbruch hinterließ Ratlosigkeit, die Mannschaft fiel am Ende komplett auseinander.
Dass jeder Sieg hart erkämpft werden muss, bekam gestern auch Meisterschaftsfavorit Baskets Bamberg zu spüren. Der Titelverteidiger, der sein Heimspiel gegen die Artland Dragons gewonnen hatte und in der Serie 1:0 in Führung gegangen war, unterlag nun in Quakenbrück mit 72:86 (44:44). Auch hier steht es jetzt 1:1.