Basketball

Franz Wagner: „Ich habe mehr Lust aufs College“

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Dietmar Wenck
Franz Wagner (l.) im Finale gegen Bayern Münchens Stefan Jovic: Ein Bild, das man vermutlich nie wieder sehen wird.

Franz Wagner (l.) im Finale gegen Bayern Münchens Stefan Jovic: Ein Bild, das man vermutlich nie wieder sehen wird.

Foto: Andreas Gora / dpa

Albas Franz Wagner (17) erklärt im Exklusiv-Interview der Berliner Morgenpost die Gründe für seinen Wechsel ans College in Michigan.

Berlin. Franz Wagner hat sich entschieden: Das 17 Jahre alte Talent von Alba Berlin verlässt seine Geburtsstadt und wechselt ans US-College in Ann Arbor, wo er ein Basketball-Stipendium für vier Jahre erhält und zukünftig für die Michigan Wolverines auflaufen wird. So wie das auch schon sein vier Jahre älterer Bruder Moritz getan hat, der jetzt in der NBA bei den Washington Wizards gelandet ist. „Das ist sehr schade, wir hatten mit Franz noch viel vor und hätten gern mit ihm weitergearbeitet“, kommentierte Alba-Sportdirektor Himar Ojeda, „wir wünschen Franz viel Glück und Erfolg in Michigan.“ Franz Wagner hatte in der vergangenen Saison sowohl in der Bundesliga als auch im Eurocup für einen 17-Jährigen sehr gute Leistungen gezeigt. In der Berliner Morgenpost erklärt er, warum er das Abenteuer Amerika der Bundesliga und der Euroleague vorzieht.

Berliner Morgenpost: Herr Wagner, Sie haben ja lange mit sich gekämpft. Was hat letztlich den Ausschlag gegeben für das College und gegen Alba?

Franz Wagner: Dass ich etwas Neues erleben kann. Dass ich neue Leute und auch basketballerisch eine neue Kultur kennenlerne. Die Spieler dort haben eine ganz andere Mentalität. Es tut mir gut, wenn ich das jetzt schon ein bisschen mitkriegen kann.

Ihr Ziel ist ja sowieso die NBA irgendwann, oder?

Genau.

Wie haben die Menschen bei Alba reagiert?

Ich verstehe deren Sichtweise und sehe es auch genauso, dass es für mich eine extrem gute Situation wäre, bei Alba zu bleiben. Man hat dort alles, was man braucht in Europa als junger Spieler, wenn man große Träume hat. Ich hätte Euroleague spielen können, insgesamt vermutlich noch mehr Einsatzzeit bekommen können als letztes Jahr. Je nachdem, wie ich mich beim Training angestellt hätte. Aber daran liegt es nicht. Alba hat nichts falsch gemacht. Ich habe einfach mehr Lust auf dieses College-Erlebnis als darauf, schon Profi-Basketballer zu werden. Abgesehen davon, dass der College-Basketball auch recht professionell aufgebaut ist. Man denkt aber nicht nur die ganze Zeit an Basketball. Das macht man ja noch genug in der Zeit danach.

Haben Sie keine Sorge, dass Sie in Ihrer Entwicklung als Basketballspieler durch das College stehenbleiben?

Nein, habe ich nicht. Einige Sachen werden dort drüben auch besser gemacht, die man in Europa nicht hat. Zum Beispiel die körperliche Ausbildung hat dort einen ganz anderen Stellenwert. Auch in Hinblick auf die NBA. Ich weiß ja, ich muss physischer werden. Und die Spielintelligenz, also: Wie spielt man Basketball – das lernt man da trotzdem.

Wie viele Spiele werden Sie dort in der Saison haben?

Das ist ein kleiner Nachteil, dass es weniger sind, meistens so dreißig bis vierzig. Es kommt darauf an, wie weit man kommt. Andererseits weiß ich jetzt auch nicht, ob 80 Spiele oder noch mehr nur gut sind für den Körper der Spieler. Das ist schon eine extreme Belastung.

Wer hat Sie beraten?

Natürlich meine Eltern, mein Bruder Moritz, der den gleichen Weg über Michigan gegangen ist. Auch Trainer, die mich schon länger kennen. Letztlich sind wir alle recht schnell zu dem Schluss gekommen, dass beide Situationen extrem gut sind für mich. Unterschiedlich natürlich, aber am Ende liegt es in meiner Hand, wie weit ich kommen kann. In beiden Situationen ist alles gegeben für einen jungen Spieler.

Haben Sie Trainer Aito Reneses Ihre Entscheidung schon mitgeteilt?

Nein. Ich bin natürlich auch ein bisschen traurig, dass ich die Leute jetzt nicht mehr sehe und nicht mehr mit denen arbeiten kann. Aber ich glaube, das gehört dazu und wird wahrscheinlich nicht das letzte Mal sein in meiner Karriere.

Hat es vonseiten Albas Enttäuschung gegeben? Schließlich wurden Sie in diesem Verein zehn Jahre ausgebildet und sind zu dem Spieler geworden, der Sie heute sind.

Ja. Das ist auch normal, weil sie extrem viel in mich investiert und mir viele Möglichkeiten gegeben haben. Enttäuscht sind jetzt viele Leute, weil sie der Meinung sind, die Situation sei für mich in Berlin extrem gut. Und sie glauben, weil man sich anders entscheidet, sehe man das nicht genauso. Aber das trifft nicht zu. Es war nicht so, dass mich Berlin nicht gereizt hätte. Sondern es war eher so, dass ich einfach mehr Lust aufs College habe. Das soll nichts absprechen von dem, was Alba gerade ist.

Gibt es in Ihrem Kopf auch das Gefühl, dass Sie einmal zurückkehren könnten zu Alba?

Zunächst wird das eine riesige Umstellung für mich am College. Deshalb fokussiere ich mich jetzt erst mal darauf. Das wäre sonst ein bisschen weit gedacht.