Berlin. Acht Jahre lang trug Sven Schultze das Trikot von Alba Berlin, wurde mit dem Klub je viermal deutscher Meister und Pokalsieger. 2014 war er aber auch in jener Finalserie um die deutsche Meisterschaft dabei, die Bayern München mit 3:1 Siegen gewann. Inzwischen ist der 39-Jährige Sporttherapeut, Trainer im Berliner Verband und Co-Kommentator im Fernsehen. Dietmar Wenck sprach mit dem 121-maligen Nationalspieler vor dem vierten Finale zwischen Alba und Bayern München am Mittwoch (20 Uhr, Telekomsport und Sport1). Wie 2014 kommen die Bayern mit einer 2:1-Führung nach Berlin.
Ist die Serie aus Ihrer Sicht noch zu drehen oder schon sogut wie entschieden, Herr Schultze?
Sven Schultze: Es fällt mir nicht leicht, das zu sagen, aber ich glaube: ja. Es ist schwer für Alba, so wie es schon vor vier Jahren war. Du weißt, du musst gewinnen, es ist ein Do-or-die-Spiel. Die Bayern haben abgezockte Spieler. Es wird hart, ich weiß nicht, ob Alba das gebogen bekommt. Sie haben nicht mehr die Leichtigkeit wie im ersten Spiel.
Wenn Sie jedes der bisherigen drei Finalspiele in einem Satz zusammenfassen würden ...
Erstes Spiel: Ein unglaublicher Marius Grigonis, der Albas Mannschaft von Anfang an den Glauben gegeben hat, das Spiel auch zu gewinnen. Zweites Spiel: Die Bayern haben die Berliner aufgefressen mit ihrem Willen und Ehrgeiz zu zeigen, dass Spiel eins nur ein Ausrutscher war. Drittes Spiel: Leider hat Alba seine Chancen nicht genutzt, obwohl die Bayern so schlecht gespielt haben.
Wie gefällt Ihnen Alba insgesamt in dieser Saison?
Super, sie spielen einen geilen Basketball. Man merkt, dass die Jungs Spaß miteinander haben. Dass Trainer Aito Reneses sehr genau weiß, was er macht. Dass er die jungen deutschen Spieler zum Zuge kommen lässt. Dass es harmonisch passt. Es ist eine tolle Saison.
Und die Bayern? Wenn sie jetzt auch noch Meister werden, haben sie wirklich ein verrücktes Jahr hinter sich mit dem Trainerwechsel kurz nach ihrem Pokalsieg. Wie kann so etwas gelingen?
Die Mannschaft hat einfach Klasse, die spielen schon krass. Der Kader ist sehr tief. Man muss Respekt zollen bei einer solchen Saison unter so schwierigen Umständen, dass sie dann noch so eine Leistung hinlegen.
Gibt es in dieser Finalserie jemanden, von dem Sie besonders überzeugt sind und andererseits vielleicht auch jemanden, von dem Sie etwas enttäuscht sind?
Jared Cunningham ist für mich mit seiner Athletik und dem Drang zum Korb einer, der den Unterschied macht. Und ich denke, dass so ziemlich alle ein bisschen mehr von Luke Sikma erwartet hätten als wertvollstem Spieler. Man sieht jetzt vielleicht, dass ihm die Saison ganz schön lang wird. Aber eines soll man nicht vergessen: Keiner hätte erwartet, dass die Jungs überhaupt ins Finale kommen. Andererseits, wenn man schon mal im Finale ist, dann will man auch alles.
Es gibt auch leise Kritik an Alba-Trainer Aito Reneses. Er greife nicht genug in das Spiel ein, nehme anders als sein Bayern-Kollege Dejan Radonjic nicht gleich eine Auszeit, um den Rhythmus des Gegners zu stören, wenn der einen Lauf hat.
Jeder Coach hat seine eigene Art. Aito versucht eben, dass die Spieler selbst eine Lösung finden, das Spiel lesen, sich aus dem Loch zu befreien, in das sie sich reingeritten haben. Er erwartet von seinen Spielern, die Situation selbst zu erkennen und dann gegenzusteuern. Aber man kann jetzt in dieser Finalserie auch sehen, dass eine Mannschaft wie Bayern das manchmal bestraft.