Berlin. Vor genau einem Jahr war Thomas Päch (35) Albas Hauptdarsteller. Nach dem Scheitern von Ahmet Caki hatte er kurz vorm Play-off die Mannschaft als Cheftrainer übernommen. Eine verkorkste Saison nahm trotz des Viertelfinal-Aus gegen den FC Bayern mit ihm ein versöhnliches Ende, und die Frage kam auf, ob nicht schon Albas neuer Headcoach gefunden war. Päch trat aber wieder ins zweite Glied zurück und assistiert seither einer Legende des Weltbasketballs.
Was war Ihre Reaktion, als Sie erfuhren, dass Aito Reneses Albas neuer Cheftrainer ist?
Thomas Päch: Ich habe mich gefragt, ob mir drei oder vier Trainer in Europa einfallen würden, unter denen ich noch lieber Assistent sein würde. Die bekam ich dann nicht zusammen. Wenn ich definieren soll, was ich gern sein möchte, nämlich ein erfolgreicher Coach, der Spieler ausbildet und fördert, dann gibt es keinen besseren Lehrmeister als Aito. Diese Chance zu bekommen, ist für mich unheimlich wertvoll.
Alle suchen nach dem Geheimnis Ihres Chefs. Fragt man ihn selbst, sagt er knapp zusammengefasst, es zähle einzig, dass man jeden Tag besser wird.
Und genau so einfach ist es auch. Was ihn besonders macht, ist, dass er große Lust darauf hat, Leuten Basketball beizubringen. Er ist überzeugt davon, dass das der Weg ist, um langfristig erfolgreich zu sein. Wie er das macht, das ist einzigartig. Alles beginnt ganz simpel und wird immer komplexer. Aito hat eine unglaubliche Geduld, die es den Spielern möglich macht zu wachsen. Wenn sie etwas beim ersten Mal nicht können, sagt er nur, sie wissen es noch nicht besser und wiederholt alles so lange, bis alle es verinnerlicht haben.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Ja, in der Saisonvorbereitung haben wir mit einem einzigen Angriffssystem begonnen. Der Große stellt dem Kleinen einen Block, und daraus ergeben sich zwei Optionen. Als alle das verinnerlicht hatten, gab es erst eine dritte, dann eine vierte Option. Aito wusste auch, wie es weitergeht, wenn die Gegner darauf reagieren würden. All das baut er mit unglaublicher Ruhe auf, mit dem Ziel, dass die Spieler Situationen selbst bestmöglich lesen können. Seine Mannschaften werden sicherlich während der Saison immer besser, weil ständig neue Elemente dazukommen (lacht). Nach zwei Jahren können die fast allein spielen.
Dabei wirkt es, als verfolge Reneses das Geschehen im Training und manchmal auch während des Spiels verhältnismäßig teilnahmslos.
Das täuscht. Er kriegt alles mit, was bestimmt auch einfacher ist, wenn man nicht so aktiv und der Puls niedriger ist. Jeder muss da seinen Weg finden, es ist nichts Verwerfliches, aktiv oder impulsiv zu sein. Wichtig ist das Gespür dafür, was die Mannschaft braucht und wie man sie erreicht. Auch, wenn Aito nicht sehr aktiv wirkt, er hat sehr wohl Wege, die Mannschaft wissen zu lassen, was ihm gefällt und was nicht. Das hat nie etwas mit dem Gegner zu tun, sondern nur damit, ob wir uns an das, was wir umsetzen wollen, halten oder nicht.
Er sagt auch vor jedem Spiel, dass ihn die Stärken und Schwächen der anderen nur bedingt interessieren. Normalerweise analysieren Assistenzcoaches wie Sie vor jedem Spiel stundenlang die Gegner per Video. Fällt das unter Reneses weg?
Nein, wir scouten die Gegner sogar sehr intensiv, nutzen unser Wissen aber unterschiedlich. Generell liegt der Fokus voll auf uns. Oftmals widmen wir uns dann Aspekten, über die wir noch nie geredet haben. Bestimmte Arten der Verteidigung etwa oder neue Angriffssysteme. Es passiert auch, dass Aito unser Material erst nach den Spielen als Schulungsmaterial benutzt (lacht). Eigentlich korrigiert er bei der Video-Analyse mit dem Team permanent den Gegner, wodurch unsere Spieler natürlich gleich lernen, wie sie verteidigen müssen.
In dieser Saison kamen so viele junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zum Einsatz wie seit den 1990er-Jahren nicht mehr. Ist das eher ein Erfolg von Albas ambitioniertem Nachwuchsprogramm oder liegt das nur an Reneses?
An beidem. Wir haben damals bei Null angefangen, aber dennoch sind aus dem Programm schon bald Bundesligaspieler hervorgegangen, Beispiel: Joshiko Saibou. Jetzt sind die Strukturen gefestigt, dadurch hat sich die Entwicklung beschleunigt. Was Aito auszeichnet, ist, dass er keine Angst hat, junge Spieler einzusetzen und sie ohne großes Trara behandelt. Was er erwartet, ist klar, ohne dass er es sagen muss: Wie die anderen auch musst du bereit sein. Wenn du spielst, dann spielst du – fertig. Er ist der Meister darin, den schmalen Grat zwischen Ausbilder und Erfolgstrainer zu finden.
Liegen Ihre Ambitionen, Cheftrainer zu werden, vorerst auf Eis?
Die Situation, in der ich bin, ist einfach riesig. Mit Aito und den anderen Coaches bis hin zu Himar (Sportdirektor Ojeda/d. Red.), der Mannschaft, wie sie spielt – und was ich alles erlebe und lerne. Ich bin zu Hause, in Berlin, bei Alba, meinem Klub, und meiner Familie. Es könnte nicht besser sein. Langfristig habe ich schon vor, diesen Schritt zu gehen. Aber mir war bislang immer wichtig, gute Situationen zu finden. Die Zeit mit Henrik Rödl in Trier war gut für mich, genauso wie zurück nach Berlin zu kommen. Die Zeit jetzt genieße ich sehr. Ich weiß ja auch, dass sie mich voranbringt.
Alba hofft zum Playoff-Start auf Saibou und Butterfield