Berlin. Bislang sahen durchschnittlich 8168 Zuschauer Alba Berlins sechs Heimspiele in dieser Saison in der Mercedes-Benz Arena. Für die Spitzenpartie der Basketball-Bundesliga an diesem Sonntag waren schon Mitte der Woche über 12.000 Tickets verkauft. Das ist kein Wunder: Mit dem Besuch des FC Bayern München steht eine Neuauflage des mit den meisten Emotionen beladenen Duells der vergangenen Jahre ins Haus. Zudem empfängt das Team von Aito Reneses als Tabellenführer die Münchner (15 Uhr, Sport1 und Telekom Sport), die wie Alba bislang nur eine Niederlage hinnehmen mussten. Nicht nur die Fans freuen sich auf dieses Spitzenspiel, sondern auch Bayern-Geschäftsführer Marko Pesic (41), der acht Jahre lang in 382 Spielen für Alba mit dem Trikot Nummer sieben auflief und 3623 Punkte machte. „Ich mag sehr, wie Alba spielt“, sagt Pesic, „und für uns ist es nach der Niederlage in Würzburg der erste große Test.“
Sind Sie überrascht, dass es bei Ihrem Besuch in Berlin um Platz eins geht, Herr Pesic?
Marko Pesic: Nein, weil erst sechs oder sieben Spieltage gespielt sind. Einige Mannschaften werden sich noch steigern, andere abbauen. Ich wäre überrascht, wenn es das letzte Spiel der Hauptrunde wäre.
Sie werden aber auf ein völlig neu zusammengestelltes Team treffen. Wie haben Sie den Neustart bei Alba verfolgt?
Ich interessiere mich grundsätzlich dafür, was bei allen Konkurrenten los ist. Die Berliner haben in Aito Reneses einen sehr guten und erfahrenen Trainer geholt und die Mannschaft, die er zusammen mit Marco Baldi und Himar Ojeda aufgebaut hat, wirkt sehr homogen. Die Philosophie des Trainers scheint vom Team gut umgesetzt zu werden. Vieles hängt sicherlich vom Trainer ab, aber es gibt auch andere Faktoren. Ich fand, dass Alba auch in der vergangenen Saison eine gute Mannschaft hatte, aber auch durch die Verletzungen von Niels Giffey, Dragan Milosavljevic und am Ende Peyton Siva gehandicapt war.
Sehen Sie Albas Entwicklung mit der Besorgnis eines Konkurrenten oder mit der Sympathie eines ehemaligen Spielers?
Mit Sympathie. Die Mannschaft erinnert mich an meine Zeit bei Alba. Sie spielt mit sehr viel Ehrgeiz, Enthusiasmus und Emotionen. Wenn ich mir von außen ein Urteil erlauben darf, und ich glaube, das darf ich, dann spielt sie so, wie eine Alba-Mannschaft spielen soll. Das ist schön zu sehen. Das macht sie aber auch zu einem sehr gefährlichen Gegner.
Wie sehen Sie die Entwicklung in Bamberg? Ist die Übermannschaft der vergangenen Jahre mit bereits drei Niederlagen in der Bundesliga schon abgehängt?
Also erst mal ist es besser, dass Bamberg drei Niederlagen hat als gar keine (lacht). Aber im Ernst: Dort arbeitet ein exzellenter Trainer, der gerade in der Phase ist, die vielen neuen Spieler in sein System zu integrieren. Wir dürfen uns nicht täuschen lassen, Bamberg wird noch sehr gut werden. Aber natürlich ist es ein Vorteil, weniger Niederlagen auf dem Konto zu haben.
Sie sind mit Bayern München im Eurocup nach vier Spielen noch ungeschlagen und haben nur einmal in der Bundesliga verloren, obwohl Ihr Coach Aleksandar Djordjevic und insgesamt vier Nationalspieler erst spät von der EM zurückkamen. Wie haben Sie das gemacht?
Die drei serbischen Nationalspieler haben unter Sasa ja nahezu die gleichen Systeme gespielt wie bei uns, daher war das kein großes Problem. Danilo Barthel hatte ein paar Startschwierigkeiten, aber eher wegen der Energie, die er in der deutschen Mannschaft aufgebracht hat. Doch er ist auf einem guten Weg.
Am vergangenen Wochenende hat sich einer Ihrer Stars, Vladimir Lucic, einen Mittelfußknochen gebrochen. Suchen Sie nach Ersatz?
Nein. Erstens wird er wohl nicht so lange ausfallen, und zweitens haben wir genug Spieler.
Bayern München ist eine globale Sportmarke, und Sie werden in diesem Klub immer am Erfolg der Fußballmannschaft gemessen. Das ist eine der besten der Welt. Erhöht das den Druck auf Sie?
Druck kannst du nur spüren, wenn du nicht gut vorbereitet bist. Ich finde, wir haben im Sommer einen guten Job gemacht, indem wir acht Spieler, von denen wir einen Schritt nach vorn erwarten, gehalten und damit eine gewisse Kontinuität gewahrt haben. Auf den Positionen, wo wir Bedarf sahen, haben wir uns verstärkt. Deshalb sind wir eher optimistisch, als dass wir Druck empfinden.
In gut zwei Wochen wird von Ihnen, wie auch von Alba Berlin oder Brose Bamberg erwartet, dass Sie Spieler und in Ihrem Fall sogar Ihren Trainer Aleksandar Djordjevic für die Qualifikation zur WM 2019 abstellen. Die neuen Zeitfenster für die Nationalmannschaften im November und Februar sind höchst umstritten. Wie ist Ihre Position?
Grundsätzlich finde ich es gut, dass sich die Nationalmannschaft nicht nur für ein paar Wochen im Sommer zeigen kann. Aber einige werden spielen können, andere nicht, wie beispielsweise Dennis Schröder und die anderen deutschen NBA-Spieler. Und wenn die Besten nicht kommen, wird die Nationalmannschaft entwertet. Für sein Land zu spielen, ist etwas Besonderes, der Weltverband Fiba sollte dafür sorgen, dass alle die gleichen Bedingungen haben. In dem Streit mit den Klubs sollte es nicht so sehr darum gehen, wer sich durchsetzt und wer Recht hat, sondern darum, was am besten für den europäischen Basketball ist. Wen wir abstellen, weiß ich übrigens jetzt noch nicht.
Wie geht es eigentlich Ihrem Vater, Meistermacher Svetislav Pesic, der aus gesundheitlichen Gründen als Bayern-Coach aufhören musste?
Ihm geht es sehr gut und ganz ehrlich, ich weiß gar nicht, wo er gerade ist. Er reist in der Welt herum und hält Vorträge. Bei unseren Spielen war er in dieser Saison erst ein- oder zweimal.
Sie zeigen ab und an Fotos von Ihrem Vater und Ihrem Sohn Luka in den sozialen Netzwerken. Ist Pesic junior schon auf dem Sprung in die erste Mannschaft?
(lacht) Nein, er spielt in unserer U13 und ist sehr engagiert und motiviert. Das Talent hat er von seiner Mutter und von mir den Hang zur Faulheit. Mal sehen, was er daraus macht.