Berlin. Klub-Legende Matej Mamic trifft als Sportdirektor von Cedevita Zagreb auf seinen Herzensverein – und träumt von einer Zukunft in Berlin

Alba Berlin empfängt am Mittwoch (20 Uhr, Mercedes-Benz Arena) im Eurocup Cedevita Zagreb. Beide Teams benötigen dringend einen Sieg, um die Chance aufs Viertelfinale zu wahren, doch bei aller Brisanz darf sich ein Gast aus der kroatischen Hauptstadt auf eine besonders freundliche Begrüßung freuen. Sportdirektor Matej Mamic (42) war von Sommer 2004 bis zu seiner schweren Verletzung am 26. November 2005 Liebling der Alba-Fans. An jenem Abend zog sich der Kroate bei einem Zusammenprall mit dem Trierer Nate Doornekamp eine Rückenmarkprellung zu, lag minutenlang gelähmt auf dem Parkett der Schmeling-Halle, ehe er per Hubschrauber ins Unfall-Krankenhaus Marzahn geflogen wurde. Er erholte sich so weit, dass er ein Leben ohne Handicaps führen kann, doch seine Basketball-Karriere war beendet. Ein Gespräch über sein neues Leben, seinen Ex-Verein und die Sehnsucht, eines Tages zu Alba zurückzukehren.

Herr Mamic, was ist Ihr erster Gedanke an Berlin?

Matej Mamic: Mein erster Gedanke gilt immer der großartigen Zeit, die ich in Berlin hatte. Den vielen Freunden, die ich dort immer noch habe. Ich weiß, warum Sie fragen: Natürlich ist der 26. November in meinem Kopf, und dieses Datum wird auch immer drin bleiben. Aber was passiert ist, ist passiert.

Kommen Sie jetzt eher mit einem positiven oder negativen Gefühl?

Hundert Prozent positiv. Wir haben ja nichts falsch gemacht. Was passiert ist, sollte einfach passieren. Meine Gedanken an Alba Berlin als Klub, an die Menschen dort und in der Halle – das alles weckt positive Gefühle. Auch, wie sich alle um mich gekümmert haben nach dem Unfall.

Haben Sie eine Erklärung, warum die Alba-Fans Sie so verehren, auch heute noch? Fast so wie einen Wendell Alexis oder einen Henrik Rödl? Sie haben doch nur 59 Spiele für Alba bestritten ...

... ja, wegen der Verletzung, sonst wären es viel mehr geworden. Ich bin stolz auf jedes einzelne Spiel, das ich für Alba gemacht habe. Zu Ihrer Frage: Die Fans spüren sehr genau, ob du dein Herz für den Verein gibst oder nicht. Ich glaube, deshalb mögen sie mich in Berlin so. Weil sie gesehen haben, dass ich mein Bestes für Alba gegeben habe und mich immer verbessern wollte. Dass ich kein Spieler bin, der nur zum Basketballspielen kommt, sondern der immer alles gibt für den Verein und die Fans.

Als klar war, dass Sie mit Cedevita in Berlin antreten, gab es da viele Anrufe, dass Leute Sie treffen wollen?

Ich habe viele Freunde in der Stadt, die versprochen haben zu kommen. Auch die Leute, die mich damals im Krankenhaus behandelt haben, meine Physiotherapeuten und Ärzte. Sie haben mir alle sehr geholfen. Ich habe zu allen ein gutes Verhältnis und freue mich auf sie.

Ist es einfacher für Sie, dass dieses Spiel in der Mercedes-Benz Arena stattfindet? Und nicht, wie vor zwei Jahren schon mal, in der Schmeling-Halle, wo Sie Ihren Unfall hatten?

Ach, nein. Natürlich, die Schmeling-Halle ist der Ort, wo ich mit Alba gespielt habe, ein Ort voller Emotionen. Aber das ist jetzt nicht mehr so wichtig. Ich kenne die neue Arena, sie ist schön, ich war dort beim Final Four der Euroleague. Ich hoffe einfach, dass wir ein spannendes Spiel erleben mit zwei guten Mannschaften.

Wie sehen Sie Albas Entwicklung?

Organisation und Klub haben ihr gutes Niveau gehalten. Aber für Alba ist genau wie für Cedevita ein Problem, dass die Spielergehälter so in die Höhe gegangen sind. Das macht es für uns nicht nur in Europa schwierig, für Alba auch in der Bundesliga, wo Bamberg und Bayern München viel mehr Geld zur Verfügung haben. In Ulm und Oldenburg geht die Entwicklung ebenfalls nach oben. Alba muss auf diesem Gebiet etwas tun, wenn sie der Top-Verein in Deutschland bleiben wollen. Und in der Euroleague mitzuhalten, ist fast unmöglich für Klubs mit einem Budget wie Alba oder Cedevita. Beide Vereine müssen sich etwas einfallen lassen, wie wir den Anschluss halten können.

Das Spiel am Mittwoch ist sehr wichtig für beide Teams. Wer verliert, ist aus dem Rennen um einen Platz im Viertelfinale des Eurocups.

Meiner Meinung nach wird es selbst für den Sieger schwer. Angenommen, wir gewinnen, dann müssen wir auch das zweite Spiel gegen Alba gewinnen. Und hoffen, dass Malaga oder Valencia die passenden Ergebnisse beisteuern. Alba und Cedevita haben sich in eine schwierige Lage gebracht, weil sie ein Spiel zu Hause verloren haben. Und wer Mittwoch verliert, hat keine Chance mehr.

Noch einmal zu Ihrem Unfall: Haben Sie danach das Basketballspielen sehr vermisst? Haben Sie etwas anderes vermisst?

Jetzt vermisse ich nichts mehr, ich bin 42. Damals war es anders. Die Verletzung passierte ausgerechnet in dem Moment, als ich den besten Basketball meines Lebens spielte. Das war eine großartige Zeit: Ich war Alba-Kapitän, wusste die Fans hinter mir. Ich habe die Zeit in Berlin wirklich sehr genossen. Ich habe viele Angebote bekommen damals, aus Spanien zum Beispiel, aber ich wollte in Berlin bleiben, sogar für weniger Geld. Ich hatte schon mit Marco Baldi und Dieter Hauert (Geschäftsführer und Präsident von Alba Berlin, d.Red.) alles besprochen.

Dann war Ihre Karriere plötzlich vorbei. Aber Sie haben eine ähnlich erfolgreiche Karriere als Sportdirektor in Zagreb eingeschlagen ...

Ja, wir sind sehr erfolgreich, seit ich vor neun Jahren bei Cedevita eingestiegen bin. Ich glaube, der entscheidende Moment für unseren Klub war, als wir ein Angebot erhielten, in der Adria-Liga mitzuspielen. Dann kannst du bessere Spieler holen, gegen die besten Teams der Region antreten. Wir haben das Final Four des Eurocups erreicht, danach drei kroatische Meisterschaften und Pokale gewonnen, was nie zuvor einem Verein geglückt war.

Alba hätte gern mehr gute kroatische Spieler. Bei den guten Verbindungen zu Ihnen: Warum klappt das nicht?

Ich hätte selbst gern mehr gute kroatische Spieler in meinem Team (lacht). Wenn Cedevita wachsen soll, brauchen wir sie. Aber das ist unser Problem. Die Besten gehen in die NBA oder zu anderen großen Klubs in Europa. Außerdem hatte Alba doch gute kroatische Spieler in den vergangenen Jahren, nehmen Sie nur die beiden Big Men Kresimir Loncar oder Marko Banic. Andere werden sicher folgen.

Sind Sie trotz des Unfalls ein glücklicher Mann geworden?

Ja, das bin ich. Sicher, nach der Verletzung konnte ich für den Moment nicht tun, was ich wollte, war auf Hilfe angewiesen. Ich konnte nicht mehr Basketball spielen. Aber als diese Phase überstanden war, konnte ich schließlich bei Cedevita als Sportdirektor arbeiten. Nach meiner Karriere als Spieler wollte ich sowieso Trainer oder Sportdirektor werden. Das eine davon bin ich nun, und das macht mich sehr glücklich. Dazu habe ich eine wundervolle Familie, mit meinen beiden wunderschönen Töchtern und meinem Sohn, der jetzt auch bei Cedevita Basketball spielt. Wer weiß, vielleicht wird er ja eines Tages in meine Fußstapfen treten und als Spieler zu Alba Berlin kommen.

Und Sie?

Ich vermisse Alba, sogar sehr. Ich bin glücklich mit Cedevita, hier ist mein Heimatland. Zagreb ist eine schöne Stadt, wir haben das beste Team in der ganzen Region und in der Adria-Liga. Trotzdem: Ich hätte gern ein paar Jahre in Berlin mit Alba verbracht nach meinem Unfall. Aber meine Familie wollte zurück nach Zagreb. Ich glaube wirklich, dass ich noch einige Zeit meines Lebens mit Alba verbringen sollte.