Es gibt viele Dinge, die einen Basketballprofi quälen können. Ein Gegenspieler etwa, der nicht zu halten ist. Bälle, die auf dem Ring tanzen, aber partout nicht in den Korb fallen wollen. Oder Schiedsrichter, die immer nur die eigenen Fouls sehen, aber nie welche der anderen.
Für Immanuel McElroy, so scheint es, sind Fragen eine Qual.
Wie er das bloß wieder gemacht habe, im ersten Play-off-Halbfinale gegen Frankfurt den besten Spieler der Bundesliga, DaShaun Wood, so gut unter Kontrolle zu halten? „Das war keine individuelle Leistung, sondern eine Mannschaftsleistung“, korrigiert der 31-Jährige von Alba Berlin. Er klingt leicht genervt. Was sein Geheimnis in der Defense sei? Schließlich ist er zum fünften Mal in Folge zum Verteidiger des Jahres gewählt worden. „Da gibt es kein Geheimnis.“ Ist es vielleicht eine Frage des Charakters? „Wenn Sie das so sehen wollen, können Sie das so sehen. Ich mag eben verteidigen.“ Ist ja interessant! Lieber als angreifen sogar? „Ich mag beides. Und jetzt muss ich zum Arzt, mich behandeln lassen.“ Danke für das Gespräch.
Einsilbiger Mann aus Texas
Es spricht ja irgendwo für den einsilbigen Texaner, dass er sich, freundlich formuliert, nicht in den Vordergrund drängt. Außer auf seinem wahren Spielfeld, zwischen den beiden Basketballkörben. Beim Berliner 81:80-Sieg in Frankfurt war er der Beste seines Teams. Als Verteidiger gegen Wood sowieso, aber mit 17 Punkten und fünf Korbvorlagen auch stark in der Offensive. Dabei behindern ihn seit Wochen Rückenschmerzen – aber die zählen für einen wie McElroy nicht. Im Play-off schon gar nicht. Darüber redet man nicht.
In der vergangenen Saison war der mit 1,94 Metern nicht sonderlich große Amerikaner bester Rebounder, Vorlagengeber, Balleroberer seiner Mannschaft. Ein klassischer Spielmacher ist er nicht, aber zur Not übernimmt er den Part eben auch noch und das nicht schlecht. Logisch, dass Trainer Muli Katzurin genau wie sein Vorgänger Luka Pavicevic ihn am liebsten 40 Minuten auf dem Feld hätte. „IMac lebt natürlich sehr von seinem Willen und seiner enormen Athletik, aber er verbindet das mit viel Gefühl für das Spiel. Er kann es lesen“, lobt Alba-Teammanager Mithat Demirel, der McElroy noch als Gegenspieler kennen gelernt hat. „Sensationell, was er gespielt hat“, sagte Geschäftsführer Marco Baldi nach dem Erfolg in Frankfurt, „defensiv, offensiv, bei Rebounds – wo war er eigentlich nicht?“
Vor gut vier Jahren wechselte der inzwischen viermalige Familienvater aus der Konkursmasse von RheinEnergie Köln nach Berlin. Hier hat er sich mit seiner Art, Basketball zu spielen, einen hohen Stellenwert erarbeitet. Als einer, der sich kompromisslos und ohne Rücksicht auf eigene Verluste in den Dienst der Mannschaft stellt wie nur wenige vor ihm im Verein. Vielleicht Henrik Rödl oder Jörg Lütcke, Spieler, die auch über die Schmerzgrenze gingen. Und deren Bedeutung kurioserweise trotzdem dann am meisten auffiel, wenn sie einmal nicht dabei waren. Deshalb wird er auch von allen respektiert, trotz seiner introvertierten Art. Und obwohl ihm der Ruf anhängt, nicht immer der ganz unproblematische Profi zu sein. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Alba im Vorjahr den Vertrag mit seinem besten Spieler nur um eine Saison verlängerte.
„Er will nur spielen“
Aber momentan sind solche Probleme komplett in den Hintergrund gedrängt. Es ist Play-off-Zeit, und die Berliner wähnen sich auf gutem Weg, noch ein paar spannende Wochen vor sich zu haben. Immanuel McElroy kommt auch morgen (17 Uhr, O2 World) wieder eine besondere Rolle zu, wenn er den Schlüsselspieler des Gegners so gut es geht eingrenzen soll und damit selbst zum Schlüsselspieler wird. „Es gibt nur wenige, die Defense auf so einem Niveau spielen können wie er“, sagt Mithat Demirel. Und dass er nicht der Kommunikativste ist? „IMac macht seine Sachen. Er ist eben kein Mann der Worte, sondern der Taten.“ Dem pflichtet Marco Baldi bei: „Immanuel McElroy ist kein Mann, der ein großes Bedürfnis hat, sich mitzuteilen. Er will keinen Firlefanz, er will nur spielen.“ Ohne Worte.