Bei Adam Chubb hörte sich das Ganze ziemlich einfach an. „Wir müssen erst einmal einen Tag verstreichen lassen, den Kopf oben behalten – und uns dann für die weitere Saison bereit machen“, sagte der Center von Alba Berlin nach dem Verpassen der Europaliga. Natürlich sei die Mannschaft „sehr enttäuscht“, so der Basketballprofi, aber es müsse eben weitergehen. Oder wie es sein Kollege Julius Jenkins ausdrückte: „Wir müssen alles hinter uns lassen, was war.“
Leichter gesagt als getan. Denn das Scheitern in der Europaliga-Qualifikation, trotz des 75:70 im Rückspiel gegen BC Maroussi-Athen, wird niemand so schnell vergessen können. Zu bitter war dieser Sieg, der nach dem 70:79 im Hinspiel in der Gesamtrechnung eben doch wie eine Niederlage war.
„Natürlich wird das Gewesene Auswirkungen haben“, sagte Cheftrainer Luka Pavicevic und bezog sich dabei vor allem auf die Psyche der Spieler. „Das alles hat doch niemanden unbeeindruckt gelassen.“ Schließlich gehen die Spieler in die Saison mit dem Gefühl, schon etwas ganz Wichtiges nicht erreicht zu haben.
Kein gemeinsamer Kinobesuch geplant
Doch die Profis seien erwachsene Menschen, die jetzt mit voller Energie die kommenden Aufgaben in der Bundesliga und im Eurocup anzugehen hätten, sagte Pavicevic. Besondere Maßnahmen, um die Seele der Spieler zu streicheln, seien nicht notwendig: „Wir gehen bestimmt nicht gemeinsam ins Kino.“
Das Scheitern macht für den Klub einiges nicht gerade einfacher. Auch wenn Axel Schweitzer, der Vorsitzende des Aufsichtsrates, sagte: „Wirtschaftlich hat das so gut wie keine Auswirkungen.“ Schon im Vorfeld hatte auch Geschäftsführer Marco Baldi immer wieder erklärt, dass durch die Europaliga zwar höhere Einnahmen erzielt werden könnten, diese durch höhere Ausgaben aber fast wieder ausgeglichen würden.
Und dennoch: Es ist überhaupt noch nicht absehbar, wie groß der Unterschied im Zuschauerzuspruch in der O2 World bei den internationalen Spielen sein wird. In der vergangenen Europaliga-Saison waren im Schnitt mehr als 11.000 Besucher in die Arena gekommen. Doch wie viele wollen im Eurocup wirklich statt Maccabi Tel Aviv vielleicht BC Siauliai (Litauen) oder statt ZSKA Moskau eventuell BC Azovmash Mariupol (Ukraine) sehen? Die Einnahme-Einbußen könnten größer werden als momentan angenommen.
Sowieso musste Alba den Saisonetat in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf etwa sieben Millionen Euro zurückschrauben. Es wurde in etlichen Bereichen, unter anderem im medizinischen, versucht, die Kosten zu reduzieren.
Auch das Renommee von Alba leidet
„Es fehlen die Topklubs“, musste Baldi mit Blick auf den Eurocup zugeben. „Wir müssen jetzt einen Weg finden, wie wir uns diesem Wettbewerb nähern.“ Aus leidvoller Erfahrung zu Zeiten des Uleb-Cups weiß man bei Alba, wie schwierig es sein wird, selbst in der zweiten europäischen Liga erfolgreich zu spielen.
Auch das Renommee leidet, weil der Klub nicht bei den Besten dabei ist. Alba ist weniger im Blickpunkt. Zwar sagte Baldi: „Unser Image haben wir uns über 20 Jahre aufgebaut, und es wird mit Sicherheit nicht darunter leiden, dass wir in diesem Jahr nicht an der Europaliga teilnehmen.“ Doch als Europaligist hat man auch gegenüber Sponsoren – vorhandenen wie potenziellen – bessere Argumente.
Die Berliner benötigen dringend Verstärkung
Und ob es bei der geplanten Verpflichtung eines weiteren Flügelspielers wirklich irrelevant ist, in welcher europäischen Liga Alba spielt, muss sich auch noch zeigen. Nicht nur, weil ein Kandidat einen Europaliga-Klub vorziehen könnte, auch Albas finanzieller Rahmen dürfte jetzt enger werden. Zumal die Einigung mit Fehleinkauf Lee Cummard über dessen Vertragsauflösung unvorgesehene Kosten verursacht hat. Dass Alba noch dringend Verstärkung braucht, steht außer Frage.
Baldi ist froh, dass für Alba jetzt die Bundesligasaison gleich mit einem Doppelspieltag beginnt. Erst am Freitag in Gießen, dann am Sonntag daheim (17.15 Uhr, O2 World) gegen Meister Oldenburg. „Da hat man keine Zeit, noch lange nachzugrübeln.“ Und im Training gibt es sowieso genug zu tun. War doch zuletzt alles auf die Qualispiele ausgerichtet gewesen. Über allem steht aber erst einmal, was Baldi als frommen Wunsch formulierte: „Das Gepäck, das wir jetzt mit uns herumtragen, müssen wir ganz schnell in die Ecke schmeißen.“