Morgenpost Online: Herr Pavicevic, Sie sehen schlank aus. Hat die Saison Sie so gestresst?
Luka Pavicevic: Nein, der Stress hat mein Gewicht eher hoch gehalten. Da kam es vor, dass ich nachts ein Glas Nutella ausgelöffelt habe. Und zwar so gründlich, dass man danach durchgucken konnte. Ich habe meine Ernährung jetzt aber umgestellt und in den vergangenen zwei Monaten etwa zehn Kilo abgenommen.
Morgenpost Online: Sind Sie nun, wo die Saison vorbei ist, etwas entspannter?
Pavicevic: Entspannt ist das falsche Wort, schließlich haben wir unser Hauptziel, Meister zu werden, nicht erreicht. Doch natürlich ist viel von der Belastung und dem Druck nun abgefallen. Aber wir stehen jetzt vor neuen Herausforderungen, da ist Entspannen keine Option.
Morgenpost Online: Haben Sie nach dem Aus im Halbfinale gut geschlafen?
Pavicevic: Nein. Aber ich schlafe nie gut nach Spielen, egal ob wir gewonnen oder verloren haben. Ich bin kein guter Schläfer, auch nicht unter den besten Umständen.
Morgenpost Online: Es gab viel Kritik an Ihnen am Ende der Saison. Berührt Sie das?
Pavicevic: Sehen Sie, ich bin eine öffentliche Person. Ich bin der Trainer des besten Basketball-Teams in Deutschland. Da ist man natürlich auch Kritik ausgesetzt. Das habe ich natürlich mitbekommen. Stört mich das? Nein, nicht besonders. Zumindest nicht in dem Sinne, dass ich mich davon beeinflussen lasse in dem, was ich tue oder wovon ich überzeugt bin. Natürlich haben die Leute das Recht, mich zu kritisieren. Es ist aber immer eine Frage, wer es warum tut. Ich stehe schon lange in der Öffentlichkeit und habe gelernt, dies als Teil des Jobs zu akzeptieren.
Morgenpost Online: Lesen Sie die Artikel über Alba, lassen Sie sich die übersetzen?
Pavicevic: Die Sachen, die ich wissen muss oder sollte, werden mir übersetzt beziehungseise mitgeteilt. Das klappt sehr gut. Alle Artikel sind mir immer zugänglich, ich habe aber keine Zeit, mir alles anzusehen. Es gibt aber nur einen Weg, mit Kritik umzugehen: das ist gewinnen. Wenn ich das nicht tue, bin ich selbst mein größter Kritiker.
Morgenpost Online: Würden Sie sagen, einige der Kritiken waren nicht fair?
Pavicevic: Ich verstehe, dass Menschen ihre Meinung haben. Diese ist beeinflusst von vielen Faktoren. Ich schaue mir an, wer kritisiert mich, worum geht es, warum tut er das. Dann entscheide ich, wie wichtig es ist und wie sehr befasse ich mich damit. Wenn Leute übertreiben, nicht fair oder unrealistisch sind, dann kommt es meist daher, dass ich Trainer eines guten Klubs bin, der auch seine Gegner hat. Aber das bringt mich nicht um. Ich bin nicht so zerbrechlich.
Morgenpost Online: Eine Sache, die viel kritisiert wurde, ist Ihr Verhältnis zu den Schiedsrichtern.
Pavicevic: Ich komme aus der Welt des Basketballs. Seit ich 14 bin, gibt es nichts anderes für mich: Ich atme Basketball, ich esse Basketball und schlafe Basketball. Einige der besten Schiedsrichter der Welt sind meine Freunde. Ich kenne die Welt des Basketballs in- und auswendig. Ich habe da viel Selbstbewusstsein über mein Wissen und meinen Gefühlen diesem Sport gegenüber. Ich habe niemals einen Schiedsrichter beleidigt oder diskreditiert. Ich habe gerade hier in Deutschland viele erlebt, die genau das Gegenteil getan haben, ohne ein Technisches Foul zu bekommen. Vielleicht liegt es an meinen Gesten, aber die gehören nun mal zu mir. Wenn es daran liegen sollte, dann werde ich mein Hände halt 20 Zentimeter weniger bewegen oder immer schön rasiert an der Seitenlinie stehen. Vielleicht sollte aber auch mal jemand fragen, warum ich mit den Schiedsrichtern spreche. Aber das tut niemand! Wenn ich mit den Schiedsrichtern spreche, geht es immer um sachliche Dinge, die auf dem Feld passiert sind. Und das immer mit der nötigen Freundlichkeit und dem nötigen Respekt. Ich will nur, dass Alba genauso behandelt wird wie alle anderen Teams auch. Und ich glaube, das ist nicht der Fall. Ich versuche, mein Team zu schützen. Dazu habe ich als Trainer das Recht.
Morgenpost Online: Fühlen Sie sich im Vergleich mit anderen Trainern ungerecht behandelt?
Pavicevic: In diesem Jahr war es besser. In der ersten Saison war es am Rande der Diskriminierung. Nach einem Vorfall zu Beginn der vergangenen Spielzeit, der nicht gerechtfertigt war, hat das eine Atmosphäre geschaffen, die negativ war. Ich arbeite hart daran, ein Arbeitsverhältnis mit den Schiedsrichtern herzustellen. Ich denke, dies ist mir auch gelungen. Und um auch etwas Positives zu sagen: Viele Schiedsrichter nehmen das an.
Morgenpost Online: Sie haben einen Vertrag bis 2012. Was ist Ihre Vision für Alba?
Pavicevic: Alba hat immer die höchsten Ziele: Das ist die Deutsche Meisterschaft und sich gut im europäischen Wettbewerb und Pokal zu präsentieren. Meine Vision ist, dass Alba jede Saison berechtigte Chancen hat, diese Ziele zu erreichen. Nach meiner Meinung haben wir das diese Saison gezeigt. Wir hatten eine gute Gruppe von Spielern und haben Alba gut repräsentiert, trotz einiger Schwierigkeiten und hoher Belastung. So müssen wir uns immer zeigen, egal wie schwer die Umstände auch sein mögen. Alba muss immer in der Lage sein, eine Chance zu haben, diese Ziele zu erreichen.
Morgenpost Online: Glauben Sie, Alba kann die O2 World eines Tages zu jedem Spiel ausverkaufen?
Pavicevic: Alba steht für einen hohen Standard. Menschen, die Basketball lieben, haben gelernt, das anzuerkennen. Alba bietet eine der besten Basketball-Shows in Europa, nicht nur in Deutschland. Einstellung und Einsatz stimmen, jedes Spiel zu gewinnen. Es wird schnell gespielt, und Alba ist schon im zweiten Jahr das beste Offensiv-Team der Liga und auch in der Defensive unter den Besten. Als Team und Klub müssen wir daran arbeiten, diese Einstellung an unsere Fans weiterzugeben, um ihnen zu zeigen, wie sehr wie sie brauchen. Es gibt diese Anerkennung, dass Alba immer nach dem Höchsten strebt.
Morgenpost Online: Haben Sie in dieser Saison eine besondere Erfahrung gemacht?
Pavicevic: Eine neue Erfahrung war die Tatsache, dass wir nach der gewonnenen Meisterschaft uns darauf einstellen mussten, dies zu wiederholen. Den Titel verteidigen ist dabei der falsche Ausdruck. Die zu vergebende Meisterschaft gehört niemanden, und der Titel aus dem Vorjahr kann uns ja nicht mehr genommen werden. Wir mussten im Sommer unsere Batterien wieder aufladen, um mit dem gleichen Hunger in die Saison zu gehen, um den Erfolg zu wiederholen, der gerade vier Wochen zuvor erreicht wurde. Es war eine besondere Herausforderung, Europaliga zu spielen und gleichzeitig in der Bundesliga immer oben dabei zu sein. Diese Balance ist sehr schwierig. Das ist im Fußball nicht anders. Es ist schwer, nach einem Höhepunkt wie einem Spiel gegen Real Madrid am Wochenende in der Bundesliga mit dem gleichen Einsatz zu spielen. Das ist ganz normal. Doch nach meiner Meinung waren wir immer sehr fokussiert, manchmal haben wir dabei sicher etwas schlechter gespielt als an anderen Tagen.
Morgenpost Online: Ist es schwer, diesen Hunger immer wieder zu entwickeln?
Pavicevic: Das hängt ganz von der Persönlichkeit des Einzelnen ab. Solche Charaktere suchen wir: Spieler, denen es egal ist, welcher Tag es ist oder in welchen Land sie sind, sobald sie auf dem Parkett stehen, die immer Erfolg haben wollen. Ich komme aus der guten, alten jugoslawischen Basketballschule. Ich wurde so trainiert. Ich habe gelernt zu bemerken, wenn dieser Hunger nachlässt und Techniken entwickelt, diesen Hunger aufrecht zu erhalten.
Morgenpost Online: Alba hat derzeit fünf Spieler unter Vertrag. Wen hätten Sie gern aus dem diesjährigen Team kommende Saison wieder?
Pavicevic: Wir hatten ein exzellentes Team. Alle Spieler haben viel gegeben und gezeigt, dass sie es verdient haben, weiter mit ihnen zu arbeiten. Doch das wird nicht in allen Fällen möglich sein. Wir müssen zunächst die Saison analysieren, alle Faktoren einbeziehen und Möglichkeiten ausloten. Doch wenn es möglich wäre, würde ich gern den Großteil der Spieler behalten.
Morgenpost Online: Kommende Saison muss jedes Team vier deutsche Spieler im Kader haben, spielen müssen diese jedoch nicht. Wenn Sie Chef der Basketball-Bundesliga wären, was würden Sie ändern, um deutsche Spieler zu fördern?
Pavicevic: Derzeit tut jeder so, als ob keiner wusste, was die Aufhebung der Ausländerbeschränkung anrichten würde. Doch diese Regel hat die Spezies des deutschen Spielers bereits fast ausgerottet. Das habe ich den BBL-Verantwortlichen auch gesagt, als ich gefragt wurde. Doch ich bin nicht hier, um das Problem der deutschen Spieler zu lösen. Ich bin hier, um Titel zu gewinnen und mit Alba Berlin den besten Basketball zu spielen. Für mich ist die Frage sehr leicht zu beantworten, es ist nur nicht meine Aufgabe. Schauen Sie sich um, was die Griechen und die Spanier machen, um ihre eigenen Spieler zu schützen. Sie haben eine Ausländerbeschränkung. Dafür brauchen Sie nicht Luka Pavicevic, um das festzustellen. Leute fragen mich, warum die Deutschen bei mir wenig spielen, obwohl das fast überall in der Bundesliga genauso ist. Das sind aber die gleichen Leute, die mit dieser Regel den deutschen Spielern den Garaus gemacht haben.