Berlin. Weitsprung-Europameisterin Malaika Mihambo hat beim Istaf in Berlin ihren dritten Start in drei Tagen. Aber es macht sich bezahlt.

Helene strahlte. Sie hatte bei der Leichtathletik-Show „Berlin fliegt“ am Alexanderplatz zugeschaut und hoffte eigentlich nur auf ein Autogramm der Weitsprung-Europameisterin. Doch Malaika Mihambo gab dem Mädchen erst ihre Unterschrift, dann schenkte sie ihm den Mini-Berlino, den sie kurz vorher bei der Siegerehrung der deutschen Mannschaft erhalten hatte, und signierte das Kuscheltier sogar noch. Für Helene vermutlich der Hauptgewinn des Jahres. Für Mihambo ein weiterer schöner Tag in einer außergewöhnlichen Saison.

Der Griff nach dem Jackpot ging ins Leere

Und einer sehr anstrengenden. Sie ist so etwas wie die deutsche Marathonspringerin. Am Freitag war sie noch beim Finale der Diamond League in Brüssel am Start. An diesem Sonntag (13 Uhr Stadioneröffnung, 13.25 Uhr Beginn, ARD überträgt von 16.30 bis 18 Uhr) wird sie auch beim Istaf im Berliner Olympiastadion dabei sein. „Ich will gesund bleiben und eine gute Leistung abliefern“, sagt die 24-Jährige. „Und mich gern besser platzieren als am Freitag“, schiebt sie gleich hinterher. In Brüssel war sie Vierte geworden mit 6,61 Metern. „Da bin ich unter meinen Möglichkeiten geblieben“, sagt Maleika Mihambo. Ursache waren Probleme beim Absprung.

Im falschen Moment, denn es ging schließlich um 50.000 Euro Disziplin-Siegprämie, den Jackpot der Leichtathleten. Speerwerfer Andreas Hofmann sicherte sich als einziger Deutscher diesen warmen Geldregen mit der Weltklasseweite von 91,44 Metern.

Das beste Jahr ihrer Karriere - nicht nur sportlich

Die Meetings in Lausanne (6,90 Meter) und Birmingham (6,96) hatte auch Mihambo in diesem Jahr gewonnen und dafür jeweils 10.000 Dollar Siegprämie kassiert. Eine solche Weite hätte beim Finale in Brüssel schon gereicht, Kolumbiens Dreisprung-Olympiasiegerin Caterine Ibarguen lag am Ende mit 6,80 Metern vorn und machte große Kasse. Mihambo erhielt als Trostpreis noch 6000 Dollar. Schade ums schöne Geld? Die Weitspringerin lächelt solche Gedanken weg. „Die Europameisterschaften in Berlin waren mir wichtiger“, sagt sie, „da lief es sehr gut, das ist die Hauptsache.“ Dort holte sie vor drei Wochen ihren ersten großen Titel.

Nicht nur sportlich wird 2018 das beste Jahr in der noch jungen Karriere der Springerin der LG Kurpfalz. Im Mai hatte die Tochter einer Deutschen und eines Mannes von der Insel Sansibar im Indischen Ozean beim Sportfest in Weinheim mit 6,99 Metern ihre persönliche Bestweite erzielt. Sie sprang den ganzen Sommer über konstanter als die meisten Konkurrentinnen, vor allem als die deutschen. Obwohl sie ja noch recht jung ist, ist sie keineswegs aus dem Nichts gekommen. Bereits bei der EM 2016 in Amsterdam gewann sie Bronze. Bei den Olympischen Spielen in Rio flog sie 6,95 Meter weit, doch das reichte in einer enorm starken Konkurrenz nur zu Rang vier. Und der zählt im olympischen Sport nicht viel.

Für den Sieg bei „Berlin fliegt“ gibt es 24.000 Euro

Bei der Europameisterschaft in Berlin gewann sie mit 6,75 Metern dann endlich Gold. Was ihre Verhandlungsposition weiter stärkte. Bei einem Meeting wie dem Istaf etwa kann sie nun eine Antrittsprämie im mittleren vierstelligen Bereich verbuchen, gewinnt sie den Wettbewerb, kommt eine weitere vierstellige Belohnung hinzu. Für den Erfolg bei „Berlin fliegt“ kassierte das deutsche Team, bestehend aus Malaika Mihambo, der Neuköllner Sprinterin Lisa-Marie Kwayie, dem Weitspringer Fabian Heinle, der Stabhochspringerin Stefanie Dauber und Sprinter Kevin Kranz, 24.000 Euro Siegprämie, 4800 also für jeden.

Kein Vergleich zu den Einnahmen der Fußballer. Auch nicht zu den Startprämien des nach seinem Karriereende 2017 immer noch schnellsten Mannes der Welt Usain Bolt, der bis zu 300.000 Euro forderte, um bei Meetings anzutreten. Aber mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, und wer wie Mihambo zur erweiterten internationalen Spitze in seiner Disziplin zählt, verletzungsfrei bleibt und nicht während einer Saison tiefe Leistungstäler durchläuft, der kann auch mal ein bisschen was beiseite legen.

Die Grenze von sieben Metern soll schon bald fallen

Nun ist die immer sehr bedacht und ausgeglichen wirkende, nicht zu Euphorieschüben neigende Mihambo, eine Studentin der Politikwissenschaft, ohnehin keine Athletin, die ihren Sport betreibt, weil sie damit reich zu werden will. Mit Turnen, Judo und Ballett hatte sie angefangen, danach ihre Liebe zur Leichtathletik entdeckt. „Zu allererst mache ich den Sport für mich selbst“, sagt sie, „mein Antrieb kommt von innen.“ Genau wie die Freude, neue Grenzen zu überwinden.

Die für Weitspringerinnen magische Linie von sieben Metern, sie war eigentlich schon in diesem Jahr fällig. Ein Zentimeter fehlt, aber die Heidelbergerin hat Geduld. „Irgendwann wird sie fallen, ich habe diese Weite drauf“, ist sie sicher. Vielleicht passiert es ja doch schon in diesem Jahr, an diesem Sonntag beim Istaf. Die Atmosphäre wird so gut sein wie bei der EM. Den Wert von Helenes Mini-Berlino würde das sogar noch ein bisschen steigern.