Kleine Fluchten

Zwischen Schafen und Heidekraut

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Karoline Beyer

Im Kachelofen knistert es leise, durch das leicht geöffnete Fenster ist ein Waldkauz-Ruf zu hören. Es riecht nach frischem Braten und in Butter geschwenktem Gemüse. Das "Hotel Schäferhof" im Naturschutzpark der Schneverdinger Heide in Niedersachsen ist ein richtiges Heidehaus.

Fachwerk, Heidschnuckenbraten, offener Kamin. Teile des U-förmigen Gebäudes mit 22 Zimmern gehörten früher zu einem alten Schäferhof. Hier wohnten bis in die 60er-Jahre tatsächlich Schäfer, die die großen Heidschnuckenherden hüteten.


Christian und Katerina Glet haben die alte Gastwirtschaft vor drei Jahren gekauft, komplett saniert und dabei den nostalgischen Charme des Alten mit modernen Einflüssen geschickt kombiniert. Zum Beispiel haben sie einen pyramidenförmigen Wintergarten angebaut, der trotz seiner gläsernen Spitze gut zu dem alten Fachwerkhaus passt.

Nachtwanderung im Moor

Zahlreiche Rhododendren stehen auf dem Grundstück. Sie werden im Mai ihre ganze Pracht entfalten. Nicht nur außen hat sich das Haus die Atmosphäre eines alten Heidehofes bewahrt. Einige Zimmer haben eine Dachschräge mit halbrunden Gauben. Durch die tiefen, viersprossigen Fenster im Parterre blickt man weit in die Osterheide, die hier beginnt: Auf Sandboden wächst das berühmte Heidekraut, das im August blüht, vereinzelt stehen Eichen, Kiefern und Wacholder auf den freien Flächen bis zum nahen Waldrand. Auf der anderen Seite des Hauses, etwa 300 Meter entfernt, liegt das Pietzmoor. Ein 8000 Jahre altes Niedermoor, wie man es aus alten Sagen und Märchen kennt: schwarze Moorseen, helle Gräserbüschel, knorrige alte Bäume, Nebelschwaden. "Manchmal machen Gäste nachts Touren mit Taschenlampen, um sich mal so richtig schön zu gruseln", sagt Christian Glet. Stecken bleiben kann man nicht, denn ein fast sechs Kilometer langer Wanderweg führt mitten hindurch, zum großen Teil verläuft er auf einem Holzsteg.

Heideluft macht Appetit. Auf Abend-, Mittags- und Tageskarte stehen Heidschnuckenbraten, Hühnerfilet mit Balsamicotrauben oder Heidehonigsorbet. Die Zutaten stammen aus der Umgebung. Der heidetypische Butterkuchen aus dem Steinofen ist mittlerweile legendär. Hausgemachte riesige Tortenstücke, zum Beispiel von der Buchweizentorte, gibt es zum Nachmittagskaffee.

Bis zu 500 Radfahrer machen pro Jahr im "Schäferhof" Station. Einige sind auf großen Touren durch die Region unterwegs. Auf den Kiesplatz vor dem Hoteleingang hat Glet Baumstämme gelegt, in die er große Schlitze gesägt hat - fertig sind die Fahrradständer.

Wie vor Hunderten von Jahren ziehen auch heute noch jeden Tag Schafherden über die Ebene. Neben dem Hotel stehen die alten Schafställe mit schweren Eichenbalken und Reetdächern, die fast bis zum Boden reichen. Hier übernachtet ein großer Teil der Heidschnucken, die das ganze Jahr über die Heide pflegen. Öffnet man eine der Türen, drehen sich Hunderte schwarze Gesichter mit großen Korkenzieher-Hörnern in Richtung Tür. Die Lämmchen sind pechschwarz und machen am liebsten senkrechte Bocksprünge, wenn die Herde sich bewegt.

Bauernmöbel und Windsorstühle

Manchmal kann man die Tiere auch vom Frühstückstisch aus sehen. Das Buffet ist im Wintergarten angerichtet. Die Gäste sitzen an hübschen Tischen mit hellblauen Stühlen und blicken durch große, weiße Sprossenfenster zu drei Seiten in die Heide hinaus. Eine breite Terrassentür führt nach draußen, in einer Ecke steht eine alte Wanduhr. Die vier Gasträume des Restaurants sind mit antiquarischen Bauernmöbeln und Windsorstühlen eingerichtet, überall stehen frische Blumen. Der blaue Kachelofen in der Mitte des "Blauen Zimmers" hat große gusseiserne Türen und einen offenen Kamin.

Viele Besucher schätzen die persönliche Atmosphäre. "Unsere Mitarbeiter können viele Gäste mit dem Namen ansprechen, und der Postbote kommt auch mal eben auf einen Kaffee rein", sagt Christian Glet. Auch internationale Gäste sind dabei; sie wandern in der Heidelandschaft, fahren Kutsche oder unternehmen lange Fahrrad- oder Reittouren. Christan Glet lacht herzlich, wenn er die Geschichte von einem japanischen Professor erzählt, der im "Schäferhof" übernachtete und der ein großer Heide-Fan war. "Er hat doch tatsächlich seine Tochter 'Erika' getauft - nach dem lateinischen Namen für das Heidekraut."

Die Reise erfolgte mit Unterstützung vom "Hotel Schäferhof".