Berlin in Fahrt - die große Radserie. Eine der schönsten Fahrradtouren durch Berlins führt durch den Nordwesten der Stadt.
Eine der schönsten Fahrradtouren Berlins führt vom Hauptbahnhof durch den Nordwesten der Stadt bis nach Hennigsdorf. Die leichte Strecke entlang von Spandauer-Schifffahrtskanal und Havel ist in zweieinhalb bis drei Stunden locker zu bewältigen und eignet sich damit hervorragend für einen spontanen Halbtagesausflug. Mit der S-Bahnlinie 25 geht es zurück in die Stadt. Wir starten an einem der verkehrsreichsten Punkte der Innenstadt. Direkt an der Invalidenstraße führt neben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz der Mauerweg entlang des Spandauer Schifffahrtkanals Richtung Norden. An die Ministeriumsbauten der ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Akademie, Baujahr 1900, schließt sich der Invalidenfriedhof an.

KM 1,5: Der Invalidenfriedhof zählt zu den ältesten Friedhöfen der Stadt. Hier finden sich Grabstätten bedeutender preußischer Familien wie derer von Witzleben, Tauentzien, von Wittenberg oder von Scharnhorst. Auf Zerstörungen Ende des Zweiten Weltkriegs folgten weitere nach dem Mauerbau, als der Friedhof Teil der Grenzanlagen wurde. Mehrere Ost- und West-Berliner wurden an der innerstädtischen Grenze durch Schüsse von Grenzsoldaten getötet. An einem erhaltenen ehemaligen Wachturm passieren wir die Gedenkstätte für Günter Litfin. Er bezahlte am 24. August 1961 den Fluchtversuch nach West-Berlin mit seinem Leben. Gegenüber der Gedenkstätte wurden in den vergangenen Jahren die rechteckigen Quader mit Wohnungen des neuen Quartiers Europa-City hochgezogen. Neue Verbindung des Stadtviertels mit dem östlichen Ufer ist die messingfarbene Fußgänger- und Radfahrer-Brücke des Golda-Meir-Steigs.
Weitere Fahrradtouren finden Sie in unserer großen Radserie "Berlin in Fahrt
KM 3: Als nächstes erreichen wir über die kleine Sellerbrücke den Nordhafen, den wir links liegen lassen, und fahren entlang des Wassers, die Sellerstraße wird unterquert, bis zur Fennstraße im Wedding. Auch diese vielbefahrene Straße unterqueren wir und fahren am Nordufer bis auf ein kleines Stückchen Straße parallel zur Straße Nordufer auf Fuß- und Radweg immer am Kanal entlang. Enten und Möwen begleiten uns und wassern bisweilen lautstark im Kanal. Als nächstes geht es über die Föhrer Straße am Charité Campus Virchow Klinikum vorbei bis zur Seestraße.
KM 6,5: An der Seestraße queren Radfahrer mit einer Ampelschaltung die Zu- und Abfahrt der A 100 und tauchen gleich anschließend wieder in ein kleines Wäldchen. Der Weg rechts führt vorbei am malerischen Plötzensee zwischen Rehberge und Kleingärten weiter zum Stade Napoleon. Von dort geht es weiter links entlang des Kanals. Wir unterqueren die Autobahn 111 und fahren weiter nach Tegel. Kilometerlang erstreckt sich der ehemalige Flughafen rechter Hand neben des Weges.
Als nächstes geht es entlang von Kleingartenkolonien über die Bernauer Straße. In der nächsten Kleingartenkolonie folgen wir der Straße R durch die Gärten und biegen an der Straße im Saatwinkel scharf links ab. Nun sehen wir schon den Saatwinkler Steig, der uns über den Kanal erneut in Gartenkolonien führt. Am Havelgarten halten wir uns rechts und überqueren mit der Wasserstadtbrücke die Havel.
KM 13: Auf der anderen Seite erreichen wir in Hakenfelde das große Neubaugebiet der Spandauer Wasserstadt. Wir müssen nur für etwas mehr als einen Kilometer mit der Straße vorlieb nehmen, wir fahren die Rauchstraße vor bis zur Goltzstraße. Dort biegen wir rechts ab und fahren die Goltzstraße bis zur Werderstraße. Am Elkartweg links und gleich wieder rechts in die Osloerstraße führt die Straße bis zur Anlegersteller der Fähre über den Tegeler See, mit der man nach Tegel Ort gelangen könnte. Wir aber fahren scharf links auf den Weg an der Havel, vorbei an Kleingärten, Häusern und Wassersport-Clubhäusern. Über einen Steg geht es über den Aalemannkanal. Wenige hundert Meter weiter lassen wir die Anleger der Havelmarina Berlin unter dem Oberhavelsteg, passieren ein Neubaugebiet mit Einfamilienhäusern und einen Dauercamperplatz. Ab nun geht es bis Hennigsdorf die nächsten Kilometer immer links der Havel Richtung Norden.
KM 18: Durch ein harzig duftendes Kiefernwäldchen und im Sommer Schatten spendende Eichenbestände gelangen wir nun zur beliebten Badebucht Bürgerablage an der Havel. Die hat an dieser Stelle im Laufe der Zeit reichlich kanarienvogelgelben Sand abgelagert. Wer mag, kann hier bei höheren Temperaturen in der Havel schwimmen. Dabei immer schön auf Strömung, Boots- und Schiffsverkehr achten. Auf jeden Fall eignet sich die Bürgerablage zu einer kurzen oder längeren Rast. Man genießt den Blick aufs glitzernde Wasser, die träge schippernden Frachtkähne, flotte Motorboote und stärkt sich entweder mit mitgebrachter Brotzeit aus dem Rucksack oder im großen Biergarten des Restaurants „Jagdhaus Spandau“. Bei Regen bietet sich auch der geräumige Schankraum zum Verweilen an.
Nach der Rast geht es weiter Richtung Norden, ins Brandenburgische, in den Landkreis Oberhavel. Ab hier haben wir wieder den asphaltierten Mauerweg unter den Rädern. Linkerhand schließen sich gepflegte Einfamilienhäuser mit kleinen Gärten und Neubauten mit Wasserblick an den ehemaligen Todesstreifen an. Wer sich über die Geschichte der Grenzanlagen informieren will, kann dies ein paar hundert Meter weiter in einem der wenigen vollständig erhaltenen Mauer-Wachtürme.
KM 21,5: Am Grenzturm Nieder Neuendorf informieren ehrenamtliche Mitarbeiter über die ausgeklügelten Grenzanlagen an der Berliner Mauer und die menschenverachtenden Befehle der Grenztruppen. Oben im Turm ist noch ein Original-Grenzposten-Fernglas zu sehen, der ganze Turm ist als Museum gestaltet. Kostenlose Führungen können zusätzlich gebucht werden. Uferpromenade, 16761 Hennigsdorf, Tel. 03302-87 73 12, Di.-So., 10-18 Uhr, www.hennigsdorf.de
KM 23: Wir folgen der Uferpromenade zum Nieder Neuendorfer See, durch den die Havel fließt. Gegenüber liegt der Berliner Ortsteil Heiligensee. Zu Mauerzeiten war die Havel hier mit massiven Wassergrenzanlagen gesperrt. Wieder kommt die Bebauung teilweise sehr nah an den Weg, Prunkneubauten, geschmackvoll restaurierte Klinkerhäuser, gepflegte und ungepflegte Datschen sind darunter. Links an einer Wiese informiert ein Schild darüber, dass hier mehr als 400 Jahre lang Schloss Nieder Neuendorf gestanden hat, bis es die DDR-Behörden 1967 schliffen, um bessere Sicht auf die nahen Grenzanlagen zu haben.
KM 24,5: Zu Mauerzeiten mussten Schiffe aus der DDR und dem Ostblock West-Berlin über den Havelkanal umfahren. Nachdem wir diesen über die Brücke der Freundschaft an der Spandauer Allee überquert haben, biegen wir direkt hinter der Brücke scharf rechts auf einen Schotterweg ab und gelangen durch eine Industrielandschaft flussaufwärts Richtung Zentrum von Hennigsdorf. Vorher passieren wir das riesige Gelände des ehemaligen Kombinats LEW Lokomotivbau Elektrotechnische Werke, auf dem sich nach der Wende Bombardier ansiedelte. Die Firma wurde vor einigen Jahren durch den Zug- und Waggonbauer Alstom übernommen. Zahlreiche Bahnen werden auf dem Gelände vor Auslieferung getestet – und immer wieder von Graffiti-Sprayern verunziert. Am Hennigsdorfer Hafen geht es links Richtung Bahn. Noch ein Blick auf das futuristische neue Rathaus von Hennigsdorf, dann erreichen wir den Bahnhof und nehmen die S 25 nach Berlin, mit Umsteigemöglichkeiten am Gesundbrunnen und Südkreuz. Ganz Sportliche drehen das Fahrrad einfach um und radeln zurück nach Berlin.