Berlin. Die Schutzmaßnahmen in Altenheimen während der Corona-Pandemie haben nach Einschätzung der Heimleitungen zu Einsamkeit und Isolation bei den Bewohnerinnen und Bewohnern geführt. Vereinzelt seien Menschen durch die erlebte Einsamkeit gestorben. Zu diesem Schluss kommt ein Report des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Berliner Charité.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Leitung von Professor Adelheid Kuhlmey und Professor Paul Gellert hatten zwischen November 2020 und Ende Februar 2021 Heimleitungen stationärer Altenpflegeeinrichtungen online befragt.
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Mit Corona infizierte Bewohner wurden isoliert
„Die Studienergebnisse belegen das Dilemma, in dem sich die Heimversorgung in den Pandemiewellen befand“, sagt Kuhlmey. Der Schutz der Bewohner auf der einen Seite, die Auswirkungen auf das Sozialleben und damit auch auf die Gesundheit auf der anderen Seite. Die Schutzmaßnahmen sahen vor allem vor, Besuch von außen zu verhindern und den Körperkontakt innerhalb der Heime deutlich zu reduzieren.
Waren Bewohner an Covid-19 erkrankt, wurden sie in jeder zweiten Einrichtung isoliert. Auch soziale Angebote wie Gottesdienste oder Spieleabende sind laut Report in vier von fünf Heimen, die so etwas anbieten, entfallen. Begegnungsräume wurden in vielen Fällen geschlossen.
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Einige Bewohner sind an Einsamkeit gestorben
Obwohl beinahe alle Einrichtungen bemüht waren, ihren Bewohnern die soziale Teilhabe zu ermöglichen, indem sie Smartphones bereitgestellt oder Kontakt zu Angehörigen vor dem Fenster ermöglicht haben, beobachteten mehr als 90 Prozent der Befragten Auswirkungen auf die Bewohner.
Das gravierendste Problem war den Angaben zufolge die Einsamkeit, mehr als ein Drittel berichtete, dass Bewohner ihre Angehörigen nicht mehr erkannten. Rund sieben Prozent der Heimleiter berichteten von starker Trauer, Depression und Versterben durch Einsamkeit.
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Wissenschaftler fordern Konzepte für die Zukunft
Angesichts der gravierenden Auswirkungen fordern die Wissenschaftler die Ausarbeitung guter Konzepte für die Zukunft, die es unter allen Umständen erlaubten, dass Familienangehörige Kontakt zueinander hätten.
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„Wir werden – wenn die nationale und internationale Befundlage dies belegt – auch darüber nachdenken müssen, ob Pflegeheime von ihrer Größe her beschränkt werden müssen und welche baulichen Entwicklungen einen Schutz vor sozialer Isolation bieten könnten“, sagt Kuhlmey. Die soziale Isolation von alten Menschen dürfe nie wieder passieren – „auch nicht unter der Maßgabe des Schutzes ihrer Gesundheit“.
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