Medizin

Pharmafirmen können Arzneien nicht liefern

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Sabine Ehrhardt

Gesundheitsexperte kritisiert wiederholte Lieferengpässe

Die Arzneimittelhersteller haben Lieferprobleme bei einigen Medikamenten eingeräumt. Diese könnten „kurzfristig sein und nur wenige Tage dauern, aber auch längere Zeiträume umfassen“, heißt es in einem gemeinsamen Brief mehrerer Verbände an die Gesundheitspolitiker in Bund und Ländern, aus dem die „Frankfurter Rundschau“ vom Dienstag zitierte. Nach Angaben der Hersteller verursache aber nicht jede Lieferschwierigkeit ein Problem bei der Therapie der Patienten. Denn in den meisten Fällen gebe es Alternativmedikamente.

Laut einer Erhebung der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Berlin bei 100 Kliniken, die der Zeitung vorlag, betreffen die Engpässe allerdings „vielfach lebenswichtige Arzneimittel“. Betroffen sind demnach häufig Krebsmedikamente und Antibiotika. So standen in nur einem Monat im Schnitt 25 Arzneimittel gar nicht oder nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung. In jedem fünften Fall mussten Patienten auf medizinisch schlechtere Mittel umgestellt werden.

Als Ursache nannten die Hersteller in ihrem Schreiben eine unerwartet hohe Nachfrage nach Arzneimitteln, Qualitätsprobleme in der Produktion und eingeschränkte Produktionskapazitäten. Auch „zunehmender Kostendruck im Arzneimittelbereich“ sei für die Probleme mitverantwortlich. Der Kostendruck führe zu einer Konzentration auf wenige Hersteller und zur Produktion an preisgünstigen Standorten vielfach außerhalb der EU.

Oft nur wenige Hersteller

Der Gesundheitsexperte Professor Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen übte scharfe Kritik an der Pharmaindustrie. „Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass ein Pharmaunternehmen nur mit Herstellungsbetrieben zusammenarbeitet, die auch zuverlässig liefern können“, sagte Glaeske im Bayerischen Rundfunk. Zudem seien die Probleme nicht ganz neu. Bereits seit Jahren seien vor allem in den Kliniken Engpässe bei Arzneien fast an der Tagesordnung. Glaeske kritisierte zugleich die zunehmende Verlagerung der Medikamentenproduktion ins Ausland. „Die kostengünstigen Hersteller sind weit weg, das Just-in-time-Prinzip funktioniert aber oft nicht, wenn die Herstellerbetriebe in China oder Indien sitzen.“

Das Bundesgesundheitsministerium hat laut „FR“ wegen der teilweisen Lieferprobleme Gespräche mit Apothekern und Ärzten aufgenommen. Ein Industrieland und Exportweltmeister wie Deutschland könne sich solche Debatten nicht leisten, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), der Zeitung. „Wir sind keine Bananenrepublik.“ Einer gesetzlichen Pflicht zu mehr Vorratshaltung von Arzneimitteln stehen die Hersteller indes ablehnend gegenüber und verweisen dabei auf die Kosten. Sollte eine Vorratshaltung verpflichtend vorgeschrieben werden, müssten die Hersteller möglicherweise auf die Zulassung für wenig rentable Arzneimittel komplett verzichten, heißt es in dem Schreiben. Dadurch könne sich die Qualität der Versorgung verschlechtern.