Es trifft den Frankfurter Harald F. (45) ausgerechnet beim Autofahren: Plötzlich verkrampft sich sein ganzer Körper, er beißt sich auf die Zunge, verdreht die Augen und verliert das Bewusstsein.
Madison - Es trifft den Frankfurter Harald F. (45) ausgerechnet beim Autofahren: Plötzlich verkrampft sich sein ganzer Körper, er beißt sich auf die Zunge, verdreht die Augen und verliert das Bewusstsein. Das Fahrzeug gerät außer Kontrolle und kommt auf der Gegenfahrbahn zum Stehen. Als er wieder zu sich kommt, kann er sich an nichts mehr erinnern: Er hatte einen epileptischen Anfall.
Die Epilepsie ist die häufigste chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems. Etwa fünf Prozent der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens daran, wenn auch meist nur vorübergehend. Doch knapp ein Prozent aller Menschen in Europa erkranken nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an der aktiven Epilepsie. Das entspricht in Deutschland etwa 500 000 Betroffenen. 35 000 Deutsche erkranken jedes Jahr neu.
Medikamente oder Eingriffe ins Gehirn können das Leiden bei vielen zumindest lindern. Doch bei etwa 30 Prozent aller Patienten wirken alle gängigen Verfahren nicht oder kaum. Für sie könnte es nun aber neue Hoffnung geben. Denn US-Wissenschaftler der Universität Wisconsin-Madison haben eine bahnbrechende Entdeckung gemacht: Eine Zuckerverbindung namens 2-deoxy-glucose, kurz 2DG, soll den Ausbruch von Krampfanfällen blockieren.
"2DG kann für Epileptiker das sein, was Insulin für Diabetiker ist: ein Medikament, mit dem man die Krankheit in Schach halten kann", sagt Forschungsleiter und Neurologe Avtar Roopra. Der Wissenschaftler testete 2DG zunächst an Ratten im Labor. "Wir haben die Ratten damit quasi voll gepumpt, und es gab trotzdem keinerlei Nebenwirkungen", sagt er.
Verantwortlich für epileptische Anfälle ist Glukose, auch Zucker genannt. 2DG wirkt, indem es verhindert, dass der Körper Glukose abbaut: Es tritt in die Zellen ein und blockiert für den Abbau zuständige Enzyme. Roopra und seine Kollegen hoffen nun, dass 2DG in etwa fünf Jahren für Patienten auf dem Markt erhältlich ist.
Während 2DG den Ratten mit einer Spritze injiziert wurde, sollen es sich Epileptiker später einmal einfach in den Tee oder Kaffee einrühren können.
Auch für Patienten, die bislang durchaus erfolgreich behandelt werden konnten, könnte 2DG eine Alternative sein. Denn viele handelsübliche Antiepileptika lösen starke Nebenwirkungen aus. epd