Laut der Forsa-Umfrage äußert jeder zweite Betrieb Bedenken gegenüber dem Gesetzesentwurf von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Dieser sieht vor, künftig Angestellten, die ihre Angehörigen pflegen, eine Arbeitszeitreduzierung um bis zu 50 Prozent zu ermöglichen, und dies maximal zwei Jahre lang. Im Gegenzug sollen die Beschäftigten im Anschluss wieder Vollzeit arbeiten und dafür ebenfalls 75 Prozent Gehalt erhalten, bis der Saldo wieder ausgeglichen ist. Das Gesetz soll ab 2012 in Kraft treten.
Laut der Studie, die vom Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP), einer Stiftung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, in Auftrag gegeben wurde, befürchtet ein großer Teil der gut 200 befragten Unternehmen in Zukunft höhere Personalkosten durch das Gesetz. Zum einen müsse insgesamt mehr Personal vorgehalten werden, um die Ausfallzeiten auszugleichen, glauben die Befragten. Zum anderen befürchten viele Studienteilnehmer, dass ein großer Teil der Beschäftigten nach dem Ablauf der maximal zweijährigen Pflegephase nicht in ihren Beruf zurückkehren, weil der Angehörige auch weiter gepflegt werden muss, und die Arbeitgeber auf den gezahlten Vorschussleistungen - 75 Prozent Gehalt für 50 Prozent Arbeitszeit - sitzen bleiben. Befürchtungen der Unternehmen, "dass sie dieses Geld nach abgelaufener Pflegezeit nie wieder sehen, weil der Beschäftigte danach vielleicht komplett ausfällt, muss man sehr ernst nehmen", warnt Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft.
Bereits das aktuell geltende Pflegezeitgesetz wird laut Befragung von der Mehrzahl der Unternehmen kritisch gesehen. 62 Prozent der Firmen gaben an, Schwierigkeiten bei der Umsetzung zu haben. Das derzeitige Gesetz schreibt Arbeitgebern vor, ihren Mitarbeitern eine bis zu sechsmonatige Auszeit ohne Lohnfortzahlung zu ermöglichen. Besonders kleine Betriebe befürchten Nachteile durch den Wegfall von Fachkräften. "Die Umfrage zeigt, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist", sagt der Vorstandschef des ZQP, Ralf Suhr. Die Familienpflegezeit soll die Angehörigen entlasten und Arbeitgeber stärker in die Verantwortung nehmen.
Bundesweit werden derzeit 1,5 Millionen Pflegebedürftige im häuslichen Umfeld versorgt. Die Angehörigen stellt die Situation vor enorme Probleme. Im Schnitt nimmt die Pflege pro Woche nämlich 37 Stunden in Anspruch.
Mit dem neuen Gesetz reagiert die Bundesregierung auch auf den demografischen Wandel. Insgesamt gibt es derzeit knapp 2,5 Millionen Pflegebedürftige, die Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen. Im Jahr 2030 wird ihre Zahl auf 3,4 Millionen steigen, erwartet das Statistische Bundesamt. Da sich das Verhältnis zwischen Einzahlern in die Pflegeversicherung und Leistungsempfängern kontinuierlich verschlechtert, wird das deutsche Sozialsystem es sich in Zukunft kaum noch leisten können, wie heute ein Drittel der Alten in Pflegeheimen zu versorgen. Deshalb arbeiten Politiker mit Hochdruck an einem tragfähigen Unterbau, der es in knapp 20 Jahren mehr Menschen ermöglichen wird, ihre greisen Eltern selbst zu versorgen.