Beim Siemens-Konzern in Berlin droht ein weiterer Stellenabbau. Vor allem durch die Nachfrage-Flaute im Mobilfunk muss das Personal reduziert werden. Die Sparten Netzwerke und Mobilfunk waren im letzten Quartal in die Verlustzone gerutscht.
Berlin - In den Berliner Werken des Siemens-Konzerns stehen die Zeichen auf Sturm. Der Elektro-Riese plant in einigen Sparten einen umfangreichen Stellenabbau und der dürfte nicht spurlos an den 16 300 Berliner Mitarbeitern vorbeigehen. In der Stadt sind einige Hundert Arbeitsplätze gefährdet. Dabei hat Siemens sein Berlin-Engagement bereits kräftig abgebaut. Vor zehn Jahren standen immerhin noch 25 000 Berliner auf den Lohn- und Gehaltslisten des Konzerns. Es gibt noch keine Zahlen für Berlin, beschwichtigt allerdings Firmensprecher Harald Prokosch die Gemüter.
So wird etwa über die Sparte Siemens Building mit 450 Berliner Mitarbeitern gegenwärtig verhandelt. Bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres am 30. 9. soll eine Arbeitsgruppe über Stellenstreichungen befinden. Mitte der Woche hatte die Konzern-Sparte Gebäudetechnik erklärt, das Projektgeschäft mit rund 1300 Mitarbeitern möglichst schnell zu verkaufen und weitere 900 Stellen abzubauen.
Wegen der anhaltend schwachen Nachfrage nach Telekommunikations-Infrastruktur plant der Münchner Konzern zudem einen weiteren Stellenabbau in den Sparten Netzwerke (ICN) und Mobilfunk (ICM). In beiden Bereichen hat Siemens in Berlin rund 3000 Beschäftigte. «Es gibt Überlegungen für weitere Kapazitätsanpassungen, die auch einen Stellenabbau umfassen können. Wann und in welcher Größenordnung steht nicht fest», sagte eine Konzernsprecherin in München. Es gebe noch keine Beschlüsse.
Doch der Berliner Betriebsrat Klaus Hoppe weiß schon, dass bei den Entwicklern im Mobilfunk 100 weitere Stellen von hochqualifizierten Ingenieuren gefährdet sind. Hoppe verweist darauf, dass in der Mobile-Sparte in den letzten zwölf Monaten bereits 100 Mitarbeiter, meist Ingenieure, Siemens verlassen haben.
In der Mobilfunksparte sollten noch einmal konzernweit «unter 1000» Stellen wegfallen, heißt es in Gewerkschaftskreisen. Auch hier, sagte Firmensprecher Prokosch, stünden noch keine Zahlen fest. In diesem Bereich hatte der Konzern im letzten Quartal einen Vorsteuerverlust von neun Mio. Euro eingefahren, während der Umsatz mit 2,5 Mrd. Euro nahezu unverändert war.
Im ICN-Bereich hatten im Laufe eines Jahres schon 245 Berliner Beschäftigte ihren Job verloren. Und es sollen noch mehr werden. Betriebsrat Hoppe will mit seinen Kollegen Vorschläge zur Arbeitszeit-Verkürzung machen, um einem Sozialplan für Entlassungen zuvorzukommen. «Gegenüber dem Standort München kommen wir in Berlin aber noch glimpflich weg», sagte Hoppe. Neue Arbeitszeitmodelle wären eine Möglichkeit, einen größeren Stellenabbau zu verhindern. Darüber soll mit dem Bereichsvorstand am 7. August in München verhandelt werden.
Die IG Metall Bayern hatte allein für die Netzwerksparte bis zum Ende des Geschäftsjahres 2002/2003 von einem Abbau von mindestens 4000 weiteren Arbeitsplätzen, davon 1400 in Deutschland, gesprochen. In der Netzwerksparte war im letzten Quartal ein Vorsteuerverlust von 84 Mio. Euro entstanden. Der Umsatz schmolz drastisch um 30 Prozent auf 2,2 Mrd. Euro. Der Chef der Siemenssparte ICN, Thomas Ganswindt, hatte Anfang der Woche deshalb «Restrukturierungsmaßnahmen» nicht ausgeschlossen. «Wir schauen uns den Markt jedes Quartal neu an und entscheiden über Maßnahmen.» Die Notwendigkeit weiterer Kostensenkungen hinge von der Marktentwicklung ab.
In der IT-Dienstleistungssparte SBS sieht es gleichfalls düster aus. «Wir müssen uns darauf vorbereiten, weitere Stellen zu streichen», hatte auch Spartenvorstand Bernd Regendantz gesagt. In diesem Bereich sollen 2000 von weltweit 34 000 Mitarbeitern gehen. Natürliche Fluktuation und Arbeitszeitregelungen sollen aber Entlassungen verhindern. Siemens hatte binnen zwei Jahren den Abbau von 30 000 Beschäftigten, sieben Prozent der weltweiten Belegschaft, angekündigt.