Werner Gegenbauers präsidiale Kollegen ärgern sich vermutlich. Während sie in Gebäuden sitzen, die vor mehr als 40 Jahren als Nonplusultra und funktional galten, ist der Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer der einzige, der in einem (Gürtel-)Tier arbeitet. So will es der Berliner Volksmund. Solche Exklusivität hat natürlich ihren Preis, weshalb sich Gegenbauers Kollegen vielleicht doch nicht so sehr ärgern. Sie haben die 156 Mio. Euro für den spektakulären Bau - offiziell und sperrig Ludwig-Erhard-Haus genannt - schließlich nicht ausgegeben.
Gegenbauers Büro liegt unter dem Dach, quasi zwischen drittem und viertem Halswirbel des Gürteltiers. Lichtdurchflutet ist es, schließlich sollen hier klare Gedanken gefasst werden. Denn um die Berliner Wirtschaft und die Lage der 150 000 Mitgliedsunternehmen steht es nicht gerade zum Besten, da sind kreative Ideen auch von der Industrie- und Handelskammer gefragt. Durch die großen Fenster schaut Gegenbauer in einen der Lichthöfe des Baus oder auf den Rücken seiner Sekretärin.
Cornelia Schneider wacht unter anderem über das Büro, wenn der Chef nicht da ist, was häufig vorkommt. Denn der IHK-Präsident ist auch Unternehmer und besitzt deshalb noch einen Schreibtisch am Gendarmenmarkt. Die Architektur dort ist allerdings nicht so spektakulär wie die des Gürteltiers.
Der IHK-Schreibtisch ist, wie es sich für einen Chef gehört, ordentlich aufgeräumt. Gegenbauer kann sich nach einer anstrengenden Besprechung im Nebenraum entspannt in seinem Schreibtischstuhl zurücksinken lassen und eine Zigarre aus der polierten Wurzelholzkiste rechts neben sich rauchen. Damit die Arbeitsplatte nicht leidet, thront auf ihr ein Kristallaschenbecher. Eine reine Vorsichtsmaßnahme: Anbrennen kann in diesem Büro ohnehin nichts: Im Rücken Gegenbauers verläuft ein grau gestrichenes Rohr der Sprinkleranlage. art