Millionen-Verlust bei Vivantes

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Tanja Kotlorz

Vor allem die Kosten für den Sozialplan haben dem größten deutschen Klinikunternehmen 2001 ein dickes Minus beschert. Ein strikter Sparkurs und Umstrukturierungen sollen Vivantes in die Gewinnzone bringen. Ein Branchenexperte ist skeptisch.

Berlin - Der Berliner Krankenhauskonzern «Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH» hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 153,3 Millionen Euro eingefahren. Hauptgrund für das Minus beim mit zehn Krankenhäusern größten deutschen Klinikunternehmen sind offenbar die Sozialplankosten in Höhe von mehr als 100,6 Mio. Euro. Dieser Betrag sei für Abfindungen bereitgestellt worden, teilte das Unternehmen mit.

15,6 Mio. Euro seien bisher für den sozialverträglichen Abbau von Beschäftigten ausgegeben worden, sagte der Personaldirektor von Vivantes, Ernst-Otto Kock, am Freitag bei der Vorlage der Jahresbilanz. Die Anzahl der Vollkräfte habe von 13 499 um 1056 auf 12 443 verringert werden können. Das Unternehmen plane, bis 2006 noch weitere 2125 Vollkräfte abzubauen.

Vivantes-Geschäftsführer Wolfgang Schäfer betonte, dass der operative Verlust des Jahres 2000 von 65,1 Mio. Euro auf 35,4 Mio. Euro im Jahr 2001 nahezu halbiert worden sei. Dennoch erwarte das Unternehmen für 2002 abermals einen Verlust von rund 25 Mio. Euro, ehe dann 2003 die Gewinnzone angepeilt werden könne.

Die Fünf-Jahres-Planung bis 2006 zeigt, dass die Klinik-GmbH trotz kontinuierlicher Budgetabsenkungen - das derzeitige Kassenbudget in Höhe von 700 Mio. Euro soll bis zum Jahr 2006 nochmals um 80 Mio. Euro gekürzt werden - steigende Gewinne plant. Vivantes will rund 13 Mio. Euro Gewinn durch Einsparungen beim Personal und durch Veränderungen der betrieblichen Abläufe erreichen.

Skeptisch sieht die Vivantes-Zahlen Hartmut Schmidt, selbstständiger Finanzanalyst und Experte auf dem Gebiet der akutstationären Versorgung. «Der Berliner Krankenhaus-Markt ist so teuer wie kein zweiter in Deutschland», sagt der Autor des HPS-Gesundheitsreports, eines Vergleichs internationaler Klinikbetreiber. Immer noch seien die Behandlungskosten für einen Patienten in einem Berliner Krankenhaus um etwa 38 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt.

Deshalb sei es auch «äußerst fraglich», ob die mit den Krankenkassen vereinbarten Budgetabsenkungen der Vivantes-Gesellschaft auch nach 2007 ausreichten, oder ob es dann möglicherweise zu einem deutlichen Rutsch der Preise im gesamten Berliner Raum kommen werde.

Zudem benötige der Krankenhauskonzern viel Geld, um seine Ziele zu erreichen. «Es werden zunehmend externe Geldgeber gefragt sein», sagt Finanzanalyst Schmidt. Da das Land Berlin selbst in Finanznöten stecke, sei Vivantes auf privates Kapital angewiesen. Private Finanziers seien aber nur zu gewinnen, wenn die Perspektiven des Unternehmens stimmen. Hier hat Schmidt jedoch «große Zweifel». Die geplante Kapitalmaßnahme, die Umwandelung eines Darlehens der Gesellschafter von 45,5 Mio. Euro in Eigenkapital, verschönere nur die Bilanz. Sie bringe aber kein Geld.

Das Vivantes-Problem sei zunehmend ein Berlin-Problem. Um bezahlbar zu bleiben, müsse die Hauptstadt «ganz erhebliche Einschnitte in ihren gesamten Krankenhausstrukturen vornehmen», prophezeit Hartmut Schmidt. «Eine Stadtlösung ist gefragt, unabhängig von Namen oder einzelnen Krankenhäusern.»

Diese Maßnahmen würden wiederum viel Geld verschlingen und könnten nicht durch die öffentliche Hand finanziert werden. Schmidt geht davon aus, dass der Senat nicht um eine Privatisierung der Krankenhäuser herumkomme.