Deutschland hat im zu Ende gehenden Jahr zwar mehr exportiert, doch die Außenwirtschaft hat im Vergleich zu den Vorjahren deutlich an Dynamik eingebüßt. Durch den Rückgang der Einfuhren um vier Prozent hat sich der Exportüberschuss um ein Drittel erhöht.
Wiesbaden - Der deutsche Exportmotor hat 2002 deutlich an Schwung verloren. Die Ausfuhren stiegen nach ersten Schätzungen des Statistischen Bundesamts zwar auf den Rekordwert von 647 Mrd. Euro. Die Zuwachsrate fiel mit nur noch etwa einem Prozent aber deutlich geringer aus als in den Vorjahren. Im Jahr 2001 wurde dagegen ein Wachstum von 6,6 Prozent verzeichnet, 2000 von 17,2 Prozent.
Die Wiesbadener Statistiker wiesen darauf hin, dass der Export vor allem im ersten Halbjahr 2002 noch überwiegend von negativen Jahresveränderungsraten geprägt gewesen sei. Bei den Einfuhren rechnet das Bundesamt mit einem Rückgang gegenüber 2001 um vier Prozent auf 520 Mrd. Euro. Unter dem Strich dürfte sich den Schätzungen zufolge ein Exportüberschuss von 127 Mrd. Euro ergeben, ein Plus von 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr - ebenfalls ein Rekord.
Der Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels erklärte, nur dank des, wenn auch viel zu schwachen, Außenhandels sei Deutschland 2002 gerade so noch einmal an der Rezession vorbei geschrammt. «Mit einem minimalen Wachstum von etwa 0,2 Prozent tritt Deutschland dieses Jahr auf der Stelle», sagte BGA-Präsident Anton Börner. Die Bilanz für 2002 falle äußerst zwiespältig aus: Während der Staat allenfalls den Einstieg in Reformen finde, hätten sich die deutschen Unternehmen sehr viel schneller auf die aktuelle Situation eingestellt.
Dies lasse erwarten, dass die deutsche Konjunktur erneut über die Außenwirtschaft anspringen werde, wann immer die Ungewissheit der weltpolitischen Situation beendet sein sollte. «Während die Bundesregierung die Lage noch schön redet, befindet sich die ,gefühlte Konjunktur' beim Bürger bereits im Keller. Ursache hierfür ist der maßlose Griff des Staates in das Portemonnaie des Bürgers sowie die Unstetigkeit der Wirtschafts- und Finanzpolitik», so Börner. Der Löwenanteil der Exporte ging mit 353 Mrd. Euro in die Europäische Union, davon wurden 275 Mrd. Euro im Handel mit Ländern der Eurozone erwirtschaftet. Auf den Rest der Welt entfielen 294 Mrd. Euro. Die Zuwachsrate lag allerdings bei den Drittländern mit zwei Prozent doppelt so hoch wie bei den Exporten in die EU.
Nach Ansicht des Finanzexperten Wolfgang Gerke hätte ein Irakkrieg schwerwiegende Folgen für den Export, die deutsche Wirtschaft und die Aktienmärkte. Die drohende Auseinandersetzung sei «ein Damoklesschwert», das über der Entwicklung im kommenden Jahr hänge, sagte der Leiter des Instituts für Banken- und Börsenwesen an der Universität Erlangen im Deutschlandfunk. Einzige Hoffnung Deutschlands sei derzeit der Export. Durch einen Krieg wären aber gerade Firmen in diesem Bereich stark betroffen. Bleibe der Krieg aus, sei er «optimistisch, dass wir - aber sehr langsam - im kommenden Jahr wieder in Schwung kommen werden». svb