Berlin - Spekulationen über einen Abzug der Sony-Europazentrale aus Berlin haben zu Wochenbeginn für große Unruhe in der Haupstadt gesorgt. Schließlich handelt es sich bei Sony um eine der prestigeträchtigsten Firmen-Ansiedlungen der Hauptstadt. Die Aufgabe der Zentrale mit 300 Mitarbeitern wäre ein weiterer schwerer Schlag für den gebeutelten Wirtschaftsstandort Berlin.
Das Dementi einer Sony-Sprecherin konnte nicht alle Bedenken beseitigen. «Sony erwägt keinen Rückzug», hieß es. Gleichzeitig hat Sony aber den Berliner Senat gebeten, rechtzeitig Vorkehrungen für direkte Flugverbindungen zu den wichtigsten Airports der Welt zu schaffen.
Berlin verfügt weder über direkte Flugverbindungen nach Japan, noch in die USA. Auch Direktflüge nach China wurden wieder gestoppt. Versuche verschiedener Airlines, entsprechende Flüge und mehr Interkontinentalflüge anzubieten, scheiterten an zu geringer Nachfrage. Das Magazin «Focus» hatte berichtet, Sony erwäge deshalb den Abzug der Europazentrale. Darüber habe die deutsche Botschaft in Tokio das Auswärtige Amt informiert.
Wenn sich Sony wegen der fehlenden Direktverbindung zurückzöge, erlitte Berlin nicht das erste Mal aus diesem Grund einen Rückschlag bei wichtigen Ansiedlungen. Der US-Konzern General Electric hatte Berlin kürzlich bei der Standortsuche für sein erstes europäisches Forschungszentrum unter anderem wegen fehlender Flugverbindungen in die USA von der Top-Liste gestrichen.
Die Hoffnungen des Berliner Senats und der Hauptstadtwirtschaft ruhen auf den geplanten neuen Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI). Dieser soll nach Verzögerungen aber erst 2008/09 starten. Als Sony seine Europazentrale in Berlin bezog und dies mit der Nähe zu Osteuropa und der aufstrebenden Hauptstadtmetropole begründete, war noch von einer BBI-Eröffnung 2007 die Rede.
SPD-Landeschef und Verkehrssenator Peter Strieder erklärte, es sei völlig klar, dass der Flughafen das wichtigste Infrastrukturprojekt dieser Region und vielleicht ganz Ostdeutschlands sei. «Nur, wenn wir auf diesem Flughafen interkontinentale Verbindungen hinbekommen, wird diese Region und Ostdeutschland sich wirtschaftlich so entwickeln.»
Das Sony-Gebäude mit seinem gigantischen Segeldach, das über dem als Forum bezeichneten Teil des Sony-Centers schwebt, ist längst ein Wahrzeichen Berlins geworden. In 35 Metern Höhe an Stahlmasten aufgehängt, erreicht sein Gipfel 62 Meter. Einer Zirkuskuppel gleich, überspannt es einen ellipsenförmigen Innenhof, der von mehreren Einzelhäusern umschlossen ist.
Knapp 1,5 Mrd. Mark (765,7 Mio. Euro) ließ sich das japanische Weltunternehmen das von Stararchitekt Helmut Jahn angelegte Center mitten auf dem Potsdamer Platz kosten. Nach Daimler-Chrysler gehört Sony zu den größten Investoren im Herzen Berlins, dort, wo vor dem Krieg das Leben pulsierte und danach jahrzehntelang eine riesige Brache war.
An der Spitze des 26 000 Quadratmeter großen tortenförmigen Grundstücks der Japaner steht der grünschimmernde Sony-Turm, in den die deutsche Bahn eingezogen ist. Zur Neuen Potsdamer Straße hin schließt sich das Filmhaus an. Den Abschluss zum Kulturforum bilden die beiden kantigen Blöcke, in denen die Europa-Zentrale von Sony zu Hause ist. Gegenwärtig sind rund 3000 Mitarbeiter in und um das im Sommer 2000 fertig gestellte Sony-Center tätig. krus/kö