Brüssel - Bundesfinanzminister Hans Eichel hat während des Rates der 15 EU-Finanzminister bestätigt, dass das deutsche Haushaltsdefizit im laufenden Jahr über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen wird. Für das nächste Jahr seien jedoch Anpassungsmaßnahmen geplant, die die Neuverschuldung unter die im Vertrag von Maastricht festgeschriebene Marke drücken würden, erklärte der Minister.
«Eines ist klar: Wir müssen ordentlich etwas tun, um nächstes Jahr unter drei Prozent zu kommen», sagte Eichel. Sollte das gelingen, drohten Deutschland keine Sanktionen. Bußgelder werden in der EU nur gegen Wiederholungstäter verhängt. In jedem Fall wolle Berlin sowohl am Stabilitätspakt wie auch am Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2006 festhalten, sagte der Minister. Nicht bestätigen wollte er die am Dienstag aus Kreisen der EU-Kommission verbreitete Zahl von 3,7 Prozent Neuverschuldung für 2002.
Kommissionsschätzungen hatten sich auch für das deutsche Defizit im kommenden Jahr wenig optimistisch gezeigt und ein Minus von 3,2 Prozent des BIP genannt - allerdings ohne Berücksichtigung des Sparprogramms. In der kommenden Woche will die Behörde ihre offizielle Herbstprognose vorlegen.
Am Dienstag leiteten die EU-Finanzminister offiziell ein Defizitverfahren gegen Portugal ein. Die Kommission hatte das Verfahren bereits im Sommer in Gang gesetzt, nachdem Lissabon zugegeben hatte, die Neuverschuldung für 2001 liege nicht wie geschätzt bei 2,4, sondern bei 4,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Keine Einigung erzielten die Finanzminister über das Abkommen mit der Schweiz und anderen Drittstaaten zur Zinsbesteuerung. Dabei geht es um die einheitliche Besteuerung von Kapitalerträgen und den gegenseitigen Informationsaustausch über Kapitalanleger. Die EU will mit dem Abkommen eine Kapitalflucht aus Europa verhindern. Die Schweiz sperrt sich gegenwärtig gegen eine solche Übereinkunft. Eichel sagte, er hoffe auf eine Einigung auf dem EU-Gipfel in Kopenhagen. «Alles andere wäre eine große Blamage für Europa.»
Auch bei der Harmonisierung der Energiesteuer gab es keine Lösung. Umstritten sind vor allem die Ausnahmeregelungen bei der Besteuerung von Dieselkraftstoffen für französische und italienische Spediteure. rid