Hamburg/Bonn - Die Suche nach einem Nachfolger für den Deutsche-Telekom-Interimschef Helmut Sihler gestaltet sich schwierig. Klaus Zumwinkel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post, lehnte am Montag ab. Die Kandidatensuche gerät nun zunehmend unter Zeitdruck. Bis zum 27. Oktober soll die Findungskommission dem Präsidialausschuss des Telekom-Aufsichtsrats drei Personen vorschlagen, die den maroden Konzern aus der Krise führen könnten. Der Ausschuss soll dann entscheiden.
Nach wie vor ist Konzernvorstand Kai-Uwe Ricke als hausinterne Lösung im Gespräch. Möglich ist, dass die Finduingskommission externe Kandidaten wie den TUI-Vorstandschef Michael Frenzel erneut ansprechen. Frenzel hat bereits einmal abgesagt, gilt aber als Wunschkandidat von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der Bund hält noch 43 Prozent der Telekom-Aktien und wird bei der Postenvergabe mitreden. Auch der Vorstandsvorsitzende der Daimler-Chrysler-Services in Berlin, Klaus Mangold, könnte wieder ins Rennen um den bislang wenig beliebten Chefposten kommen.
Die Absage des 58-jährigen Zumwinkel gilt als Rückschlag. «Ich bleibe Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post World Net», schrieb Zumwinkel in einem offenen Brief an die 380 000 Mitarbeiter des Konzerns. Die Anfrage ehre ihn, doch sei er mit Freude Chef der Post. Zeitungsberichte hatten Zumwinkel als Wunschmanager der Findungskommission genannt. Ihm wird nach der erfolgreichen Sanierung der Deutschen Bundespost und der Umwandlung in die börsennotierte Deutsche Post World Net auch der Kraftakt bei der Telekom zugetraut.
In Börsenkreisen wird eine hausinterne Lösung nicht als Idealfall angesehen. Immerhin habe T-Mobile-Chef Ricke (41) den überteuerten Kauf des US-Konzerns Voicestream mit zu verantworten. Als interne Kandidaten sind noch Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick sowie Festnetz-Chef Josef Brauner in der Diskussion.
In den vergangenen Wochen wurden der ehemalige Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, sowie der Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking als Kandidaten gehandelt. Beide Manager haben aber bereits abgewinkt. Der amtierende Telekom-Chef Sihler (72) will spätestens im Januar abtreten. Spekulationen darüber, Sihler könne im Notfall noch bis zur Jahresmitte 2003 an der Spitze der Deutschen Telekom stehen, wurden bislang nicht bestätigt.
Der neue Konzernchef muss bei der Telekom große Probleme anpacken, etwa den enormen Schuldenberg von rund 65 Mrd. Euro. Zudem muss er die rund 220 000 Mitarbeiter des Konzerns und die 3,5 Millionen Aktionäre von der Zukunftsfähigkeit der Telekom überzeugen. nic