Die US-Börsenaufsicht SEC und der Staatsanwalt von New York City wollen gemeinsam gegen die Missstände in der Industrie vorgehen. In der Folge der Skandale trat die US-Unternehmerin Martha Stewart den Aufsichtsrat der SEC verlassen. Ihr wird Insiderhandel vorgeworfen.
New York - SEC-Chef Harvey Pitt und Staatsanwalt Eliot Spitzer sind bisher selten einer Meinung gewesen. Jetzt wollen sie ihren Streit beilegen, Doppelarbeit vermeiden und gemeinsam gegen die Missstände in der US-Wirtschaft vorgehen. Wegen der jüngsten Skandale in «Corporate America» hatten die Anleger ihr Vertrauen in die Industrie weitgehend verloren. Die Börse hatte eine Talfahrt sondergleichen erlebt.
SEC und Staatsanwaltschaft ermitteln jetzt gemeinsam - Aufgaben gibt es genug. Die Untersuchungen der Behörden richten sich gegen Analysten, die öffentlich Aktien zum Kauf empfohlen haben, während sie privat von «Schrottpapieren» sprachen sowie gegen Investmentbanken, deren Anlageberater Aktien in den Himmel lobten, die sie selbst an die Börse gebracht hatten. Vor kurzem erst einigte sich Spitzer etwa mit der Bank Merrill Lynch auf die Zahlung von 100 Mio. Dollar. Längst ermittelt er auch gegen andere Banken und große Telekom-Firmen.
Derweil werden in den USA täglich neue Einzelheiten über das Gemauschel der Konzerne bekannt. Auch die New York Stock Exchange (NYSE) selbst geriet unter Druck. Martha Stewart, die bekannte US-Wohndesignerin, kündigte an, ihren Posten im Aufsichtsrat der NYSE zu verlassen. Stewart, der die millionenschwere Medienfirma Living Omnimedia gehört, wird Insiderhandel vorgeworfen.
Die Unternehmerin - zu deren Imperium Magazine, TV-Sendungen und eine Einrichtungsreihe gehören - verkaufte Aktien der Biotechnologiefirma Imclone, angeblich, nachdem sie Insiderinformationen erhalten hatte. Börsenaufsicht und Staatsanwaltschaft ermitteln mittlerweile. Mitte der Woche hatte der Assistent von Stewarts Börsenhändler sich für schuldig bekannt, Basketballtickets angenommen zu haben, um über die Aktiengeschäfte zu schweigen.
Auch Michael Carpenter, bei der Citigroup für das Investmentgeschäft verantwortlich, hat den NYSE-Aufsichtsrat verlassen. Gegen Carpenters Abteilung ermittelt der Staatsanwalt,. weil sie in Unregelmäßigkeiten bei Börsengängen verwickelt sein soll. Zudem untersuchen die Behörden derzeit die Verbindungen zwischen der Citigroup - dem größten Finanzdienstleister der Welt - und dem bankrotten texanischen Energiehändler Enron.
Enrons ehemaliger Finanzchef, Andrew Fastow, hatte sich am Mittwoch den Behörden in Houston gestellt. Er war in Handschellen abgeführt worden, später kam er gegen eine Kaution von fünf Mio. Dollar wieder frei. Fastow wird Betrug, Geldwäsche und Konspiration vorgeworfen. Ihm drohen mehr als 20 Jahre Gefängnis. Durch ein System von Partnerschaften, die Fastow entwickelt hatte, konnte Enron Milliardenschulden verstecken.
Unterdessen haben sich Mitglieder der Familie Rigas, Eigentümer der Kommunikationsfirma Adelphia, für «nicht schuldig» erklärt. Der Staatsanwalt wirft den Managern John, Tim und Michael Rigas vor, die Bilanzen gefälscht und sich an der Firma bereichert zu haben. Wie Enron, Worldcom und Global Crossing auch, hat Adelphia längst Konkurs angemeldet - Staatsanwalt und SEC ermitteln.