Atempause für Mobilcom

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Birger Nicolai

Nach der Zusage einer staatlichen Bürgschaft über 400 Mio. Euro will der angeschlagene Mobilfunkanbieter Mobilcom das Unternehmen umbauen und Personal entlassen. Die Europäische Kommission will die Geldspritze von Bund und Land unter die Lupe nehmen.

Hamburg/Büdelsdorf - Der Vorstand der Mobilcom AG will bereits an diesem Dienstag dem Aufsichtsrat den Plan für eine Umstrukturierung vorlegen. Nach Aussagen von Firmenchef Thorsten Grenz sollen dabei «mehrere Hundert Stellen» wegfallen. Der Konzern werde aber an den Plänen zum Aufbau des neuen Datendienstes UMTS festhalten und sich nicht ausschließlich auf das Geschäft des Service-Anbieters für andere Konzerne beschränken. «Mobilcom geht nicht in die Illiquidität», sagte Grenz im norddeutschen Büdelsdorf.

Die zugesagten Hilfen für den Mobilfunkanbieter Mobilcom müssen nach Ansicht der EU-Kommission in Brüssel auf ihre Zulässigkeit geprüft werden. Die Bundesregierung weist die Forderung allerdings zurück. «Die wissen offenbar nicht, was ein Bankgeschäft ist», sagte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Die Sprecherin von EU- Wettbewerbskommissar Mario Monti beharrte in einer Reaktion jedoch darauf, dass ein staatliches Eingreifen zur Rettung eines Unternehmens genehmigt werden müsse.

Gutachten von Ernst & Young sowie Roland Berger stellen dagegen die Zukunftsfähigkeit von Mobilcom in Frage. Die vom Großaktionär France Télécom in Auftrag gegebenen Gutachten kommen nach Informationen dieser Zeitung zu dem Ergebnis, dass Mobilcom einen Aufbau des UMTS-Netzes im Alleingang nicht schaffen werde. Die Schuldenlast von mehr als sieben Mrd. Euro sowie die unsichere Zukunft der Kundenbasis ließen einen betriebswirtschaftlichen Erfolg in den nächsten Jahren nicht zu. Als Fazit erklären die Gutachter, dass Mobilcom als Folge der hohen Aufwendungen für UMTS nicht überlebensfähig sei.

Die Aussagen etwa des Bundeswirtschaftsministeriums oder der Landesregierung von Schleswig-Holstein, Mobilcom sei ein «kerngesundes Unternehmen», entbehrten jeglicher Grundlage. Auch zahlreiche Bankanalysten halten derart pauschale Angaben für unrealistisch. Die angekündigte Bürgschaft über 400 Mio. Euro jedenfalls könne eine Rettung des Konzerns mit seinen rund 5500 Arbeitsplätzen nicht gewährleisten.

Um mit France Télécom wieder ins Gespräch zu kommen, will der Mobilcom-Vorstand die geplanten rechtlichen Schritte gegen den Staatskonzern zurückstellen. Damit werden die umstrittenen Kooperationsverträge, die France Télécom einseitig gekündigt hatte und auf deren Basis Mobilcom seine Ansprüche aufbaut, noch nicht die Gerichte beschäftigen.

Branchenexperten bezweifeln, dass Mobilcom ohne harte Einschnitte gerettet werden kann. Auch im Unternehmen selbst ist von bis zu 2000 Stellen die Rede, die bei einer Umstrukturierung wegfallen könnten. «Mit den 400 Mio. Euro kommen wir aber das nächste halbe Jahr über die Runden», sagte ein Aufsichtsratsmitglied dieser Zeitung. Der Aufbau des UMTS-Netzes könne mit deutlich geringeren Kosten vorangetrieben werden. Bereits heute erfülle Mobilcom die von der Regulierungsbehörde für das Jahr 2003 verlangte Netzabdeckung.

Kritisch beurteilen die Analysten der Hamburger Berenberg Bank die Zukunftsaussichten von Mobilcom. Der Konzern sei keineswegs «kerngesund», sondern habe bereits im vierten Quartal 2001 im Stammgeschäft des Mobilfunks Verluste geschrieben, urteilt Analystin Ilona Hasselbring. Zudem rechnet die Bank mit einem negativen Eigenkapital «in absehbarer Zeit». Ohne Unterstützung des «großen Bruders» France Télécom habe Mobilcom keine Überlebenschance.

Die Aktie von Mobilcom schoss zu Handelsbeginn am Montag um 275 Prozent auf vier Euro in die Höhe und pendelte sich dann bei etwas über drei Euro ein.