IBG-Prüfer gerät in die Schusslinie

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Norbert Schwaldt

Berlin - Angesichts des vermeintlichen Bilanzierungsskandals bei der Bankgesellschaft Berlin fordert die Wirtschaftsprüferkammer eine unabhängige Institution zur Kontrolle der Bilanzierungspraxis in deutschen Unternehmen. Die von Unternehmen und Prüfern unabhängige Institution soll Bedenken von Prüfern aufgreifen und Firmen notwendigenfalls zur Änderung der Rechnungslegung zwingen. Pflichtverstößen werde bis zum Berufsausschluss nachgegangen, sagte Hubert Graf von Treuberg, Präsident der Wirtschaftsprüferkammer, am Donnerstag in Berlin. Angesichts sich häufender Vorwürfe gegen Wirtschaftsprüfer müsse die Berufsaufsicht reformiert werden. Der Organisation seien bei pflichtwidrigem Verhalten bislang die Hände gebunden, weil das Strafrecht Vorrang habe. Dieser Vorrang müsse abgeschafft werden. «Es ist nicht einzusehen dass die Berufsaufsicht erst nach Abschluss jahrelanger strafgerichtlicher Verfahren einsetzen kann», so die Kammer.

Zum Streit um angeblich falsche Testate für Bilanzen der Bankgesellschaftstochter Immobilien- und Baumanagement GmbH (IBG) sagte Graf von Treuberg, dass hier die Unschuldsvermutung gelte, zumal es verschiedene Gutachten gebe, die erst ausgewertet werden müssten. «Eine Beurteilung der konkreten Vorwürfe ist derzeit nicht möglich», so der Chef der Berufsorganisation.

«Der konkrete Fall Bankgesellschaft zeigt durch die unterschiedlichen Gutachten und die offenbar mehrmonatige interne Beratung zwischen der Gesellschaft, den Gutachtern und dem Prüfer, dass ein schwerwiegendes Problem gesehen worden war, dass aber auch das Problembewusstsein gesehen worden war», schreibt die Kammer in einer Stellungnahme. Damit stellt sich die Berufsorganisation offenbar auf die Seite der BDO Deutsche Warentreuhand, die die Bilanzen der IBG prüfte. Der Hannoveraner Wirtschaftsprüfer Achim Walther hatte in der vergangenen Woche schwere Vorwürfe gegen die BDO erhoben. Das ARD-Magazin «Kontraste» und das «Handelsblatt» warfen darauf der BDO vor, «wissentlich Bilanzen falsch testiert» zu haben.

Unterdessen gerät Walther selbst in die Schusslinie. «Ich unterliege einer Schweigepflicht», sagte der Prüfer, gab dagegen zum konkreten Fall allerdings laufend Interviews. Walther hat damit vermutlich die bei Wirtschaftsprüfern gesetzlich geforderte Verschwiegenheitspflicht (§ 203 StGB) verletzt. Walther war nur gegenüber der Kanzlei Clifford Chance Pünder, die Regressansprüche der Bankgesellschaft an Ex-Manager und Wirtschaftsprüfer untersucht, freigestellt. Zudem wurde der nach verschiedenen beruflichen Stationen erst am 13. 3. 1996 wiederbestellte Wirtschaftsprüfer wohl nicht ganz zu recht als «renommiert» bezeichnet.

Hinzu kommen peinliche Fehler in der Berichterstattung. Zur Stützung der Waltherschen Thesen hatte das «Handelsblatt» aus einer nicht öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses des Berliner Parlaments berichtet. Inhalte des mit «vs-vertraulich» eingestuften Treffens gerieten in die Öffentlichkeit. Dabei wurde der Name der Berichterstatterin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Carmen Koberstein-Windpassinger, bis in die Agenturmeldungen hinein konsequent falsch geschrieben. Da sich Journalisten auf eine Frau Kobinger-Windpassinger beriefen, darf auch der Wahrheitsgehalt der wahrscheinlich abgehörten Inhalte bezweifelte werden. Die BDO ist auch nicht, wie berichtet, von Sonderprüfungen der Finanzaufsicht ausgeschlossen.

Zudem wird fälschlicherweise berichtet, in Sachen IBG-Bilanzen ermittle die Berliner Staatsanwaltschaft. Da es sich womöglich um einen Expertenstreit handelt, halten sich die Ermittler dagegen noch zurück.