Wachstum in Serie

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Norbert Schwaldt

Trotz bundesweiter Branchenkrise zeigt die Sparda-Bank Berlin, wie ein Kreditinstitut erfolgreich sein kann. Ihr Vorteil sind standardisierte Produkte für die Privatkunden. Kreditrisiken und Personalabbau sind für das Institut Fremdwörter. Girokonten sind kostenlos. Bankchef Dieter Hoffmann ist offen für Kooperationen und plädiert für Fusionen von Volksbanken und Sparkassen.

Berlin - Die Geldbranche stöhnt. Eine Großbank spricht von der größten Branchenkrise nach dem Krieg. Rote Zahlen und Massenentlassungen erschüttern die Bankkonzerne. Kleine Privatbanken gehen in die Knie, Wertpapierhäuser knicken ein. Sparkassen und Volksbanken retten sich über Fusionen, und doch gibt es Lichtblicke. Gegen den Trend vermeldet die Sparda-Bank Berlin Wachstum in Serie. Im ersten Halbjahr 2002 stieg das Teilbetriebsergebnis zum Vergleichszeitraum 2001 weiter um 17,7 Prozent auf 7,7 Mio. Euro, das Provisionsergebnis sogar um 25 Prozent auf 3,3 Mio. Euro. Einlagen wuchsen um gut drei, die Bilanzsumme um mehr als vier Prozent.

Was ist das Geheimnis der Sparda-Bank? Ihr Vorstandsvorsitzender Dieter Hoffmann erklärt die Stabilität mit der schlanken Produktpalette, dem standardisierten Mengengeschäft der Sparda-Banken. Hinzu kämen straffes Kostenmanagement, exakt ermittelter Personalbedarf und motivierte Mitarbeiter. Stellenabbau sei ein Fremdwort. Personalanpassungen kämen über die natürlich Fluktuation zustande. Hoffmann verweist darauf, dass sein Institut seit dem Start vor zehn Jahren 500 Arbeitsplätze geschaffen hat.

Die Sparda-Bank kümmert sich nur um Privatkunden. Die Risiken aus dem Kreditgeschäft halten sich in engen Grenzen, weil Sparda-Banken keine Unternehmen finanzieren. «Da wir nur Eigenheime und Eigentumswohnungen langfristig finanzieren, eine starke Kundenbindung verzeichnen, das Lohn- und Gehaltskonto eine Risikofrüherkennung ermöglicht, arbeiten wir mit einer Risikokostenquote von 0,1 Prozent», sagt der Bankchef. Im gewerblichen Kreditgeschäft der Konkurrenz seien 0,5 Prozent üblich, und die Institute bekämen bei sinkenden Zinsspannen Ertragsprobleme.

Die Börsenflaute ist für die Sparda-Bank auch kein Unglück. Eigene Rücklagen und Reserven sind in festverzinslichen Papieren investiert. Kunden werden risikoarme Investmentfonds angedient. Börsen unabhängige Produkte wie Kapital-Lebensversicherungen oder Bausparverträge würden zum erneut verbesserten Provisionsergebnis beitragen.

Die Sparda-Bank Berlin kann es sich sogar leisten, ihre Girokonten kostenlos anzubieten. Bei großen Privatbanken und Sparkassen wird dagegen landesweit geklagt, dass der Privatkunde nicht rentabel sei. «Während andere Banken ständig ihre Kontoführungsgebühren erhöhen, werben wir seit zehn Jahren mit gebührenfreien Girokonten und kostenloser EC- und Kreditkarte für unsere Mitglieder. Wir tragen für unsere Kunden jährlich über 20 Mio. Euro an Kontoführungsgebühren. Wir betrachten aber das Girokonto als Drehscheibe einer intensiven Kunde-Bank-Beziehung», sagt Hoffmann. «Nach unserer Philosophie muss nicht das Produkt, sondern die Kundenbeziehung wirtschaftlich sein. Gebührenfreiheit ist unser Preisvorteil, mit dem wir das steigende Kostenbewusstsein der Verbraucher genau bedienen.» Die Masse der Girokunden wolle keinen Schlüsseldienst oder Kinokarten als vermeintlichen Zusatznutzen. Hoffmann verweist auf jährlich 25 000 bis 30 000 neue Girokonten.

Was macht nun die Sparda-Bank Berlin mit dem Ertragssegen? Immerhin liegen mehr als 100 Millionen Euro in den Rücklagen und Reserven. Übernahmen gehören nicht zum Programm: «Fusion, um Größe zu erreichen, darf kein Thema sein.» Vor einer Fusion sollte intensiver über Outsourcing nachgedacht werden. Dabei würden schneller Kostenoptimierungen erreicht, sagt Hoffmann. Für die Sparda-Bank kämen Zusammenschlüsse nur mit reinen Privatkundenbanken in Frage. Da es im Vertriebsgebiet Ostdeutschland keinen flächendeckenden und passenden Wettbewerber gebe, müsse sein Haus auch nicht darüber nachdenken. Fusionen mit Volksbanken - etwa der schwächelnden Berliner Volksbank - lehnt Hoffmann wegen deren risikostärkeren Kreditgeschäften ab. Vielmehr denkt die Sparda-Bank über weitere Filialen - bisher 17 - in Berlin nach. Dort wo Berliner Bank und Sparkasse Filialen aufgeben, könnte die Sparda-Bank an einigen Standorten einspringen.

Das Geheimnis des Erfolgs einer Bank liege im Vertrieb, sagt Hoffmann. Die deutschen Kreditinstitute müssten sich konsequent zu Betriebs- und Vertriebsbanken entwickeln. So sollte es bankenübergreifende Plattformen für den Zahlungsverkehr und die Wertpapierabwicklung sowie Datenverarbeitung geben. Hoffmann spricht auch von Kreditfabriken. Das Filialgeschäft sollte klar aufgesplittet werden. Hoffmann stellt sich Privatkunden-, Mittelstandsbanken für Handwerk, Gewerbe, Landwirtschaft sowie Firmenkunden-Banken für Industrie, Konzerne, Versicherungen und internationalen Handel vor.

Ganz unkonventionell lassen sich die Sparda-Banken bei der Wertpapierabwicklung demnächst von der Etb, einer Tochter der Deutschen Bank, bedienen. Von Sektorengrenzen zwischen privaten, genossenschaftlichen Instituten und Sparkassen hält Hoffmann ohnehin nicht viel. So sollten Volksbanken und Sparkassen zusammengehen, meint er. Die regionalen Institute müssten ihre Zielgruppen klar in Privatkunden- und gewerbliches Geschäft trennen. Dann könnten sie wieder Kreditspezialisten für den Mittelständler vor Ort vorhalten, da beide Bankengruppen zusammen ausreichende Betriebsgrößen mit Kernkompetenz in der Fläche erreichen würden.

«Fusionen von Sparkassen und Volksbanken dürfen kein Tabu sein, sondern ein Muss», so Hoffmann. Große Zusammenschlüsse auf Bundesländer-Ebene oder unter Konzern- oder Holdingdächern ergäben Kostensenkungen durch Mengendegression, Bündelung von Fachkompetenzen durch Spezialisten vor Ort. Bei Volksbanken und Sparkassen könnten mindestens 30 Prozent der kostenintensiven Filialen - oft gibt es zwei in kleinen Orten - eingespart werden. Bei der Bündelung des Privatkundengeschäfts in den Ballungsgebieten will die Sparda-Bank gern mitmischen.