Zitterpartie vor Gericht

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Die Neuorganisation des deutschen Energiemarktes stockt. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht entscheidet, ob Deutschlands größter Energiekonzern, Eon, Deutschlands größten Gasversorger, Ruhrgas, übernehmen darf. Das Ergebnis stand bei Redaktionsschluss noch aus.

Berlin - Für Ulrich Hartmann sind die vergangenen Tage nicht sehr erfreulich gewesen. Der Chef des größten deutschen Energiekonzerns sah sich Anfang Juli am Ziel. Alfred Tacke, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, genehmigte per Ministererlaubnis, dass Eon den größten deutschen Gasversorger , Ruhrgas, übernehmen kann. Die Konkurrenz von RWE blieb ruhig, weil Eon sich als Auflage von Gelsenwasser trennen muss, für das sich RWE interessiert.

Mit der Ruhrgas-Übernahme hätte Hartmann einen international schlagkräftigen Energiekonzern gebaut und sich in Ruhe im kommenden Jahr in die Rente verabschieden können. Doch ein paar aus Sicht Eons kleine Stromhändler durchkreuzten den Plan und klagten.

Besonders ärgerlich für Hartmann: Die Berliner Ampere AG, eine Tochter der Stadtwerke Hannover, an denen Eon wiederum beteiligt ist, waren mit den großen Plänen des Strategen Hartmann nicht einverstanden. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bremste die Fusion am 11. Juli erst einmal. Bis Freitag wollte sich der Kartellsenat entscheiden, ob er die Fusion untersagt. Der Fall ist offenbar so brisant, dass die Richter auch am Freitag noch intensiv über das Thema nachdachten.

Fusionsgegner sahen gute Chancen. Sie sind unter anderem der Ansicht, dass nicht das Bundeskartellamt, sondern die EU-Kommission die Übernahme hätte prüfen müssen. Das hatte sich ursprünglich für nicht zuständig erklärt, weil Eon und Ruhrgas ihr Geschäft überwiegend im Inland machten. In solch einem Fall ist das Bundeskartellamt zuständig. Inzwischen ist Eon auch europaweit stark vertreten.

Die Düsseldorfer sind der zweitgrößte Energiekonzern der Welt nach dem französischen Staatskonzern EDF. Mit der Übernahme des führenden deutschen Gasimporteurs Ruhrgas würde Eon gemessen am Energieumsatz die Nummer eins werden. Strom und Gas bilden schon jetzt das Kerngeschäft des Düsseldorfer Konzerns. Die dritte Energiequelle Wasser wird im Eon-Konzern möglicherweise zu einem Rinnsal. Eine Auflage bei der Ministererlaubnis war, den größten privaten deutschen Wasserversorger Gelsenwasser abzugeben.

Eon entstand vor rund zwei Jahren durch die Fusion der Mischkonzerne Veba (Düsseldorf) und Viag (München). Mit 79,6 Mrd. Euro Umsatz und 152 000 Mitarbeitern im Jahr 2001 zählt Eon zu den größten deutschen Industriekonzernen. Der bislang größte Zukauf ist die Übernahme des britischen Versorgers Powergen mit dessen US-Tochter LG&E, wodurch der deutsche Konzern im amerikanischen Geschäft Fuß fasste. Dadurch beliefert Eon nunmehr rund 30 Millionen Strom- und Gaskunden. Der Stromabsatz des Konzerns beläuft sich inzwischen auf über 340 Milliarden Kilowattstunden im Jahr. Die Berliner Bewag kommt auf etwa ein Zehntel.

Eon-Chef Ulrich Hartmann baute den Konzern nach der Fusion konsequent um. Eine Reihe von Töchtern stufte er als Randgeschäft ein und setzte sie auf die Verkaufsliste. So trennte sich der Konzern vom Mobilfunkbetreiber E-Plus, dem Flaschenhersteller Gerresheimer Glas, dem Verpackungshersteller Schmalbach-Lubeca, dem Aluminiumunternehmen VAW und der Aral-Mutter Veba Oel veräußert.

Die ebenfalls im Deutschen Aktienindex Dax notierte Spezialchemietochter Degussa soll an den Kohleförderer RAG gehen, wenn die Ruhrgas-Übernahme gelingt. Unter den Beteiligungen außerhalb des Kerngeschäfts ragt noch der Immobilienkonzern Viterra heraus. Für die Immobilientochter wird noch ein Käufer gesucht. BM