Frankfurt/M. - Der Dollar hat am Dienstag im europäischen Devisen-Geschäft seinen Erholungskurs fortgesetzt und den Euro erstmals seit einer Woche deutlich unter die Parität gedrückt. Die Gemeinschaftswährung fiel zeitweise unter 0,99 Dollar und verbilligte sich damit zum Vorabend in New York um rund zwei US-Cent.
Devisen-Händler sehen in der überraschenden Erholung der US-Währung trotz des erneuten Kurssturzes an der Wall Street eine natürliche Kurskorrektur nach dem Abrutschen des Dollars. Angesichts der schwächeren Aktienmärkte auch in Europa würden Anleger zudem beim Euro Gewinne mitnehmen, sagten Händler. Einige US-Banken hätten zudem Kapital in die USA zurückgeführt, was den Dollar neben technisch begründeten Käufen zusätzlich unterstützen würde.
Der Euro fiel zeitweise bis auf 0,9860 Dollar, nachdem er im US-Handel am Vorabend noch knapp 1,01 Dollar gekostet hatte. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte ihren Referenzkurs auf 0,9910 US-Dollar fest, nachdem er zu Wochenbeginn noch mit 1,0086 US-Dollar festgestellt wurde. Der Dollar kostete damit am Dienstag 1,0091 (Vortag 0,9915) Euro.
In der Vorwoche hatte der Euro erstmals seit zweieinhalb Jahren das Eins-zu-Eins-Verhältnis zum Dollar erreicht und war zwischenzeitlich sogar über 1,02 Dollar gestiegen.
Zu Marktspekulationen über mögliche Euro-Verkäufe der Bundesbank, die den Kurs der Gemeinschaftswährung Händlern zufolge zusätzlich belastet hätten, wollte die Bundesbank keine Stellungnahme abgeben. Der Dollar zog auch zur japanischen Währung auf Kurse deutlich über 117 Yen an. Zum Schweizer Franken kletterte die US-Währung auf den höchsten Stand seit einer Woche.
Während einige Devisen-Händler in der Erholung des Dollarkurses erste Anzeichen für eine Trendwende sahen, blieben viele skeptisch. «Der Dollar ist in den vergangenen Tagen trotz der Verluste an den Aktienmärkten nicht gefallen. Ich persönlich habe den Eindruck, dass der Kursverfall des Dollar zu Ende sein könnte», sagte ein Händler in Tokio. Ein anderer Händler verwies dagegen auf die Devisenentwicklung nach dem Kurssturz an den Aktienmärkten im Jahr 1987. Der Dollar habe sich damals auch kurz erholt und verlor dann wieder. «Die jüngste Erholung des Dollar ist ein bisschen unnatürlich angesichts der starken Verluste an den Aktienmärkten», sagte er. Angesichts der derzeitigen Marktstimmung werde der Dollar aber bald wieder fallen.
Der Kursanstieg des Euro werde dazu beitragen, den Inflationsdruck zu dämpfen, sagte der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Otmar Issing, gestern bei der Darstellung der Konjunkturaussichten im Euro-Raum mit Wachstumsraten von 2,0 bis 2,5 Prozent. «Das ist hoch willkommen.» Ein Konjunkturrisiko sieht Issing in dem zuletzt stärkeren Euro derzeit nicht. «Die meisten Unternehmen haben verstanden, dass der schwache Euro ihnen zusätzliche Gewinne beschert hatte und niemand konnte davon ausgehen, dass dies so bleiben würde. BM/rtr