Kahlschlag bei Cargolifter

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Nikolaus Doll

Erst hat sich der Luftschiffentwickler Cargolifter noch geziert, nun scheint es sicher: Um den Rest des Unternehmens zu retten, ist ein erheblicher Personalabbau erforderlich. Was von dem ehrgeizigen Projekt überhaupt noch übrig bleibt, ist gegenwärtig völlig ungewiss.

Brand - Gegen die Cargolifter AG soll in der kommenden Woche das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Betroffen sind offenbar mit Ausnahme der Cargolifter World und der Network GmbH alle Töchter der Holding, auch die Development GmbH, mit 298 Beschäftigten das Herz der AG. Gleichzeitig wird es bei dem zahlungsunfähigen Luftschiffbauer zu zahlreichen Entlassungen kommen. «Zum 1. August werden rund 300 Mitarbeiter freigestellt», sagte Betriebsratschef Matthias Flörsch gestern. Das sind etwa 60 Prozent der Belegschaft. Betroffen sind vor allem Mitarbeiter in Brand, aber auch die Standorte in Kempten und Frankfurt/M. «In der Regel stehen am Ende der Freistellungen Kündigungen», so Flörsch.

Unternehmens-Sprecherin Silke Rösser bestätigt, dass in «erheblichem Ausmaß Personal abgebaut werden muss». Details zu den geplanten Entlassungen, wie begleitende soziale Maßnahmen, stünden noch nicht fest. «Für einen Sozialplan setzt aber allein das dann laufende Insolvenzverfahren enge Grenzen», so der Betriebsratschef. Ein Arbeitskampf sei angesichts der Situation des Unternehmens aussichtslos. «Der vorläufige Insolvenzverwalter ist praktisch gezwungen, Stellen zu streichen. Es ist einfach kein Geld mehr da», kommentiert Flörsch die Entscheidung.

Allerdings könnten auch mit einer Rumpfmannschaft die Arbeiten an dem Leichter-als-Luft-Projekt fortgesetzt werden, stimmen Betriebsrat und Unternehmensleitung überein. «Ziel ist weiterhin der Bau des Luftschiffes CL 160 und des Transportballons AirCrane», sagte Sprecherin Rösser. Man werde sich jedoch künftig allenfalls auf die Konstruktion von Prototypen konzentrieren können», schätzt der Betriebsrat. «Der große Traum von der Serienproduktion ist ausgeträumt», so Flörsch.

Das sieht offenbar auch Wolfgang Schneider, seit Ende Juni Vorstandsvorsitzender von Cargolifter, so. Im Verlauf einer Gesprächsrunde mit Vertretern von Bund und Land am vergangenen Sonnabend, in der über die Rettung des Unternehmens beraten wurde, sprach Schneider von «Managementfehlern» bei Cargolifter. Er kritisierte, dass die Luftschiffprojekte «zu großspurig» angegangen worden seien. Nun wolle man sich auf den Zwischenschritt, ein Kleinluftschiff, konzentrieren und das Luftschiffprojekt durch technische Kooperationen auf eine breitere Basis stellen. «Zu diesem Zweck haben wir bereits Gespräche mit der Zeppelin-Werft in Friedrichshafen geführt», sagt Silke Rösser.

Dort hält man unterdessen von einer Zusammenarbeit mit den Brandenburgern wenig. «Es hat bislang keine Kooperation mit Cargolifter gegeben, und zwischen deren Konzepten und unserem liegen Welten», meint Oliver Schütz, Marketingleiter bei der Deutsche Zeppelin Reederei GmbH. Der Zeppelin NT, den die Friedrichshafener im August 2001 auf den Markt gebracht hatten, wurde hauptsächlich für den Passagierverkehr gebaut, das Cargolifter-Konzept sieht den Transport von Schwerlasten vor. Interessiert zeigen sich die Württemberger an einer Nutzung der Halle in Brand - allerdings nur zur Wartung der eigenen Luftschiffe.

Da klingen selbst die Ankündigungen von Boeing vielversprechender. Zwar gibt es noch immer keine konkreten Aufträge für Cargolifter, aber ein Boeing-Sprecher bestätigte gestern, dass man eine Zusammenarbeit ernsthaft prüfe. «Wir sind am AirCrane und an der Technologie für die Stratosphären-Plattform interessiert.» Baldige Vertragsabschlüsse in Sicht? Achselzucken bei Boeing. Man brauche Zeit - und genau die hat Cargolifter kaum mehr. Die Luftschiffbauer brauchen Aufträge, damit das Insolvenzverfahren nicht zur Liquidation wird, sondern tatsächlich in eine Reorganisation mündet. Und für die gibt es nur Geld von Bund und Land, wenn gewinnbringende Geschäfte in Aussicht sind - das hat das Bundeswirtschaftsministerium klar gemacht.