München - Ungewöhnlich heftige Kritik am Kurs von Siemens-Chef Heinrich von Pierer haben Gesamtbetriebsrats-Chef Ralf Heckmann und der IG-Metall-Vertreter im Aufsichtsrat, Bertin Eichler geübt. Auf der heutigen Aufsichtsratssitzung des Unternehmens wollen sie ein Alternativkonzept vorlegen, um den geplanten Abbau von 12 000 Stellen an den deutschen Siemens-Standorten abzuwenden. «Hinter dem flächendeckenden Abbau steckt keine klare Strategie und keine Perspektive», so Heckmann. «Was da passiert, ist Kahlschlag.»
Siemens plant den Stellenabbau vor allem in seiner defizitären Netzwerksparte ICN und bei Siemens Business Services (SBS). Zudem wolle der Konzern wesentliche Teile seines Bereichs «Industrielle Lösungen und Dienstleistungen» verkaufen.
Ein Schwerpunkt der Stellenkürzungen entfällt auf München, wo nach Betriebsratsinformationen allein 2000 Mitarbeiter betroffen sind. In Berlin sollen bis zu 500 Arbeitsplätze betroffen sein. Hier wollen nach Gewerkschaftsangaben heute bis zu 2000 Siemens-Mitarbeiter gegen die Abbaupläne protestieren.
Die Umstrukturierung beschränke sich ausschließlich auf Ausgliederung und Personalabbau, was Heckmann als «Fallbeilmethode» kritisiert. Die Belegschaftsvertreter schlagen eine aus ihrer Sicht effizientere Organisation der technischen Dienstleistungen vor. So könnten die betroffenen Gesellschaften aufgelöst und als Abteilungen weitergeführt werden, was zum Abbau von Verwaltungskosten führe. «Wir haben zu viele Gesellschaften, die selber publizieren müssen, mit jeweils eigenen Geschäftsführern», so Heckmann. Die Kosten lägen nicht in den Löhnen und Gehältern, sondern in den Strukturen.
Außerdem sei die vom Vorstand geforderte Rendite von sechs bis acht Prozent ein viel zu hoch gestecktes Ziel. «Es handelt sich bei den betroffenen Bereichen um reines Dienstleistungsgeschäft. Zwei Prozent Rendite würden dort ausreichen und werden auch erreicht.»
Laut Betriebsrat sei geplant, rund 5000 der bedrohten 12 000 Stellen auszugliedern und an mittelständische Betriebe abzugeben. Die anderen 7000 Stellen stünden zur Disposition und müssten «entsorgt» werden. Kritisiert wurde besonders, dass an kleineren Standorten Mitarbeiter zwar entlassen, gleichzeitig aber billigere Leiharbeiter eingestellt würden. «Wir sehen kein Ende des Personalabbaus. Die Unruhe in der Belegschaft ist groß.»
Zu den Neunmonatsergebnissen, die der Konzern heute vorlegen will, sagte Heckmann, die Zahlen sähen gar nicht so schlecht aus. Das Problem sei, dass der Konzern getrieben von den Kapitalmärkten die Erwartungen hochgeschraubt habe. In Vorgesprächen sei Konzernchef Heinrich von Pierer über das Alternativkonzept informiert worden. Laut Heckmann hat er «nicht positiv» reagiert. Heckmann kündigte weiteren Widerstand gegen die Stellenabbaupläne an. ehr.