Frankfurt/Main - Das Trauerspiel nimmt kein Ende: Obwohl die Commerzbank an der Börse nur noch zu rund 70 Prozent ihres Eigenkapitals gehandelt wird, kann es offenbar noch tiefer gehen. Das sagte am Mittwoch zumindest Susan Leadem von Goldman Sachs und stufte das Papier kurzerhand auf «underperformer» runter. Die Märkte reagierten entsprechend: Zeitweise notierte die Aktie mit einem Minus von mehr als drei Prozent unter 15 Euro.
Leadem befindet sich im Club der Pessimisten in guter Gesellschaft. Knapp die Hälfte der Analysten empfiehlt die Commerzbank-Aktie trotz der niedrigen Marktkapitalisierung von acht Mrd. Euro zum Verkauf. Die Gründe sind immer die gleichen: das schlechte Marktumfeld, die miese Ertragssituation und die Angst vor hohen Wertberichtigungen, die durch spektakuläre Insolvenzen wie Holzmann, Kirch-Media oder Babcock-Borsig geschürt wird: «Die Commerzbank war immer mit von der Partie», sagt Konrad Becker von Merck Finck.
Die Angst vor weiteren Wertberichtigungen trifft allerdings nicht nur das Frankfurter Traditionshaus, sondern die komplette deutsche Bankenbranche. Inzwischen schlagen die Branchenbeobachter 15 bis 20 Prozent auf die bereits pessimistisch anmutenden Prognosen drauf, die die Banken in der ersten Jahreshälfte selbst abgegeben haben (siehe Tabelle). Allerdings will niemand ausschließen, dass es noch schlimmer kommt. Während die Hypo-Vereinsbank (HVB) für das laufende Jahr eine Vorsorge von 2,1 Mrd. Euro prognostiziert hat, gibt es bereits Gerüchte, dass die Risikovorsorge auf mehr als 2,5 Mrd. Euro ansteigen könnte: «Das wäre ein Schock für die Märkte», sagt Mark Hoge von der Bank of America. «Wenn die deutschen Banken schlechter abschneiden, als die Analysten erwarten, dann kann das eine Panik auslösen.»
Vor allem Commerzbank, Dresdner Bank und Hypo-Vereinsbank gelten auf Grund ihrer Bilanzstruktur als anfällig. Absoluter Spitzenreiter ist die HVB mit Kundenforderungen in Höhe von 431 Mrd. Euro. Zwar ist etwas mehr als die Hälfte dieser Summe in Form von Hypothekendarlehen und Kommunalkrediten pfandrechtlich besichert. Doch der Rest reicht, um Investoren abzuschrecken: «Bei einem Kreditvolumen von 200 Mrd. Euro würde eine Ausfallquote von ein Prozent zwei Mrd. Euro vernichten», meint ein Analyst.
Dass der Branchenführer Deutsche Bank an der Börse besser abschneidet, liegt nicht nur an der Kernkapitalquote von knapp neun Prozent. Vielmehr profitiert das Geldinstitut vom Ackermann-Bonus. «Die Märkte trauen dem Vorstandschef zu, dass seine ehrgeizigen Ziele einhält», sagt CSFB-Analyst Matthew Czepliewicz. eig