Berlin - Die Generalprobe zur US-Berichtssaison ging gründlich in die Hose. Kurz bevor die Unternehmen mit ihren Zahlen über das zweite Quartal an die Öffentlichkeit treten, schockte ein Bericht über Merck die Märkte. Der US-Pharmariese soll Bilanzen mit milliardenschweren Fehlbuchungen geschönt haben. Nun hoffen Investoren, dass die Premiere besser als die Generalprobe ausfällt. Denn nach nichts dürsten Investoren derzeit mehr als nach Gewinnen.
An hochkarätiger Aufführung wird es diese Woche nicht fehlen. Am Mittwoch steht Yahoo auf dem Programm, gefolgt von JDS Uniphase am Donnerstag und General Electric am Freitag. Bereits diese drei Unternehmen liefern genügend Stoff für Börsenkritiker. Yahoo und JDS geben den Part der Neuen Ökonomie, General Electric legt stellvertretend für die Old Economy Zeugnis ab. Besonderes Gewicht wird General Electric auch deshalb beigemessen, weil zuletzt Gerüchte über unsaubere Bilanzpraktiken hoch kochten. «Die Gewinndaten des zweiten Quartals werden offen legen, inwieweit die Unternehmen vom starken Wirtschaftswachstum der vergangenen zwei Quartale profitiert haben», sagt Klaus Breil, Adig-Fondsmanager. «Auch die Bilanzqualität dürfte deutlicher ans Tageslicht treten.»
Tatsächlich fieberten Anleger selten einer Bilanzsaison stärker als der aktuellen entgegen. Schließlich müssen die Konzernlenker nicht nur die Skepsis entkräften, dass der Wirtschaftsaufschwung möglicherweise die Gewinnsituation nicht nachhaltig verbessern kann. Auf Grund der weiter fehlenden Preissetzungsmacht geistert das Gespenst einer gewinnlosen Konjunkturwende an den Börsen. Anleger fordern auch ein Bekenntnis des jeweiligen Managements zu seinen Bilanzzahlen. Und hier erregt die Quartalssaison über die Kapitalmärkte hinaus Aufmerksamkeit. «Es geht bei den Zahlen auch um die Glaubwürdigkeit der gesamten US-Wirtschaft», so Breil.
Um nicht weiteres Vertrauen zu verspielen, sollten die führenden Unternehmen den hochgesteckten Prognosen gerecht werden. Vom abgelaufenen Quartal erhoffen sich Investoren von den 500 US-Spitzenkonzernen nach fünf Perioden mit zum Teil heftigen Gewinneinbrüchen erstmals wieder steigende Ergebnisse. Im Schnitt rechnen die Profis im Vergleich zur Vorjahresperiode mit einem Plus von 5,7 Prozent. Besonders hoch liegt die Latte bei Konsumwerten und dem IT-Sektor. Dagegen ist bei den Energie-Konzernen ein Gewinneinbruch von 39 Prozent bereits in den Kursen enthalten.
Die letzte Berichtssaison, bei der 62 Prozent der S&P-Gesellschaften positiv überraschten, macht optimistisch. Zudem greift der schwächelnde Dollar vielen Exportwerten unter die Arme. «Die Wende bei den Unternehmensgewinnen ist unumkehrbar», sagt Uwe Sander, Fondsmanager bei MM Warburg.