Wo sind die Mieter?

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Berlin - Der Wohnungswirtschaft droht eine Pleitewelle. 460 der 1200 Unternehmen schrieben bereits rote Zahlen, sagte Lutz Freitag, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungsunternehmen (GdW), am Mittwoch in Berlin. Diese Fehlbeträge zehrten das Eigenkapital auf, wodurch die Zahl der Insolvenzen von bislang sechs auf etwa 20 in diesem Jahr steigen könne.

Besonders in Ostdeutschland ist die Lage offenbar dramatisch, im Westen sieht es noch etwas besser aus. Allerdings macht der GdW in strukturschwachen Regionen der alten Bundesländer bereits Anzeichen für eine ähnliche Entwicklung wie im Osten aus. Freitag nannte Städte wie Kassel (13 Prozent Leerstand), Pirmasens (12,5 Prozent), Salzgitter (9,9 Prozent) oder Hannover (8,2 Prozent), wo Wohnungsunternehmen als erste den für sie existenzbedrohenden Strukturwandel zu spüren bekämen.

Mit wachsenden Leerständen sinken die Einnahmen der Wohnungsunternehmen (Mietausfälle allein im Osten: eine Mrd. Euro). Weniger Einnahmen bedeuten auch weniger Geld, um zu investieren; in Ostdeutschland können Wohnungsunternehmen im nächsten Jahr nur noch rund drei Mrd. Euro ausgeben. 1995 waren es noch acht Mrd. Damit stocken Modernisierung und Instandhaltung, was die Bewohner dazu bringt, aus unattraktiven Wohnungen auszuziehen.

Als ausgesprochenes Investitionshemmnis nannte Freitag den veränderten Selbstbehalt beim Investitionszulagengesetz. Danach müssen Wohnungsbauunternehmen bei einer Sanierung, für die sie eine Investitionszulage vom Staat beantragen, 50 Euro pro Quadratmeter selbst tragen. Bisher galt ein wesentlich günstigerer Pauschalsatz.

Eine Befragung der thüringischen Wohnungsunternehmen habe ergeben, dass wegen des erhöhten Selbstbehalts ein Viertel weniger investiert werde, sagte Freitag. Auf die neuen Länder hochgerechnet, ergebe das einen Investitionsausfall von 920 Mio. Euro, was wiederum für die ohnehin gebeutelte Baubranche weitere Arbeitsplatzverluste bedeute. Ohne Aussicht auf Arbeit steige aber die Bereitschaft fortzuziehen, womit die Leerstandsspirale (1,3 Mio. Wohnungen in Ostdeutschland) weiter gedreht werde.

Um den ökonomischen Schaden - vor allem für die Wohnungsunternehmen - zu begrenzen, fordert der GdW von der Politik unter anderem: Der Selbstbehalt bei der Investitionszulage soll danach auf fünf Euro je Quadratmeter sinken. Die auf 358 Mio. Euro begrenzte Summe, mit der vom Leerstand betroffene Unternehmen von Altverbindlichkeiten befreit werden können, soll erhöht werden. Zudem verlangt der Verband neue Stadtentwicklungskonzepte auch für den Westen, damit mehr als bisher in Modernisierung und Umgestaltung von Wohnungen investiert wird. fh