Frankfurt/New York - Nur zwei Tage nach dem Bilanzskandal beim US-Telekomkonzern Worldcom haben Berichte über falsche Buchungen beim US-Bürotechnikkonzern Xerox die Finanzwelt aufgeschreckt. Das «Wall Street Journal» schreibt unter Berufung auf Unternehmenskreise, eine Buchprüfung von Xerox habe ergeben, dass in den vergangenen fünf Jahren mehr als sechs Mrd. Dollar (rund 6,1 Mrd. Euro) Umsatz falsch verbucht worden seien. Zum Vergleich: Schering setzte 2001 rund 4,8 Mrd. Euro um.
Die Aktien von Xerox fielen in der Folge um mehr als 30 Prozent. Der Handel in Frankfurt war am Freitagnachmittag zeitweise ausgesetzt. Der Dollar kam wegen neuerlicher Sorgen über einen nachhaltigen Vertrauensverlust in den Kapitalmarkt unter Druck. Der Euro erreichte bei 0,9990 Dollar fast die Parität zur US-Währung. Ein Händler sagte: «Es ist klar, dass niemand auch nur einen Hauch von Vertrauen in den Dollar hat.»
Die US-Wertpapier- und -Börsenaufsicht SEC hatte bereits seit dem Jahr 2000 gegen Xerox ermittelt. Bei einem Vergleich im April habe die SEC den Betrag für die Jahre 1997 bis 2000 auf drei Mrd. Dollar geschätzt, schreinbt das «Wall Street Journal». Eine Prüfung, die sich auf 2001 bezog, habe jedoch neue Buchführungsprobleme entdeckt. Dem Bericht zufolge stießen Prüfer von Pricewaterhouse-Coopers bei einer Buchprüfung auf die falschen Zahlen. Die fehlerhaft verbuchten Umsätze konzentrierten sich auf das Leasing-Geschäft sowie die Auslandstochter Xerox Brazil. Die Gesamtsumme an falsch verbuchten Umsätzen für den Fünfjahreszeitraum könnte mehr als sechs Mrd. Dollar betragen.
Xerox-Sprecherin Christa Carone wollte nicht zur Höhe der Summe Stellung nehmen. Es würde eine Umsatzreduzierung «von weniger als zwei Mrd. Dollar» für den Zeitraum 1997 bis 2001 geben, sagte sie. Der Gesamtumsatz betrage in diesem Zeitraum 92,5 Mrd. Dollar.
Die US-Börsenaufsicht SEC hatte sich mit Xerox im April verglichen. Xerox zahlte zehn Mio. Dollar, ohne eine Schuld einzugestehen. Es war die höchste Zivilstrafe für Finanzberichterstattungsverstöße, die es bisher gegeben hatte. Die SEC hatte dem Unternehmen vorgeworfen, die Investoren in die Irre geführt und hintergangen zu haben. Das Thema war nach dem Vergleich eigentlich erledigt gewesen.
Vor zwei Tagen hatte das US-Telekommunikationsunternehmen Worldcom eingestanden, rund 3,8 Mrd. Dollar falsch verbucht zu haben. Der Telekomkonzern hatte damit das Ergebnis unrechtmäßig erhöht. Nach Einschätzung der Beraterfirma Gartner Group könnte die Worldcom-Krise - wie bereits die Pleite des Glasfaserkonzerns KPN-Qwest zu Beginn der Woche - den weltweiten Internet-Verkehr erheblich beeinträchtigen.
Worldcom besitze über seine Tochter UUNet das größte Internet-Netz in den USA. Über UUNet, zu dem auch Transatlantikverbindungen nach Europa gehören, laufen 50 Prozent aller weltweit verschickten E-Mails und 70 Prozent der elektronischen Post in den Vereinigten Staaten. rtr/dpa