Forscher: «Euro nicht immer Teuro»

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dpa Köln - Einen Tag vor dem umstrittenen «Anti-Teuro-Gipfel» in Berlin hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) vor dem pauschalen Vorwurf der Euro-Preistreiberei gewarnt. Zwar falle die «gefühlte Inflation» für die Verbraucher tatsächlich höher aus als die offiziell ermittelte Teuerungsrate. Die simple Formel «Euro gleich Teuro» sei aber falsch, schreibt das Institut in einer Mitteilung vom Donnerstag.

Ausdrücklich weisen die Forscher darauf hin, dass der Preisauftrieb im vierten Jahr nach Einführung des Euro in Deutschland weder im historischen Rückblick noch im europäischen Vergleich außergewöhnlich hoch sei.

Die «gefühlte Inflation» macht nach IW-Berechnungen im ersten Quartal 4,8 Prozent aus - verglichen mit einer durchschnittlichen jährlichen Teuerungsrate von 1,9 Prozent in den ersten drei Monaten. Dabei seien alle Waren und Dienstleistungen berücksichtigt worden, die sich im ersten Quartal spürbar verteuert hätten. «Der Verbraucher nimmt nun aber vor allem die Preise für solche Güter wahr, die er täglich in den Einkaufswagen packt. Und gerade von diesen Alltagsdingen finden sich überdurchschnittlich viele unter den 28 stark verteuerten Warengruppen», schreiben die IW-Forscher. Dass vieles das Budget der Verbraucher nicht zusätzlich belastet habe, registrierten die meisten Menschen dagegen kaum. «Schuld daran, dass manches seit der Euro-Umstellung teurer geworden ist, hat die neue Währung nicht allein», unterstreichen die IW-Forscher zudem.

Verbraucherschützer erheben in diesem Zusammenhang den Vorwurf, dass die «gefühlte Inflation», die Konsumenten beim täglichen Einkauf erleben, von der amtlichen Preisstatistik nur unzureichend abgebildet wird.

Das liegt an der Breite des «Warenkorbs», den die Statistiker als offizielle Messlatte für die Teuerung verwenden: Der so berechnete Index für die Lebenshaltung umfasst rund 750 Güter und Dienstleistungen, die zudem nach ihrer Bedeutung für das Budget der privaten Haushalte gewichtet werden. Den mit einem guten Viertel größten Posten stellen Miete, Wasser, Strom und Heizung.

Nahrungsmittel und Getränke, bei denen die Verbraucher höhere Preise nach Einschätzung der IW-Forscher besonders deutlich wahrnehmen, fallen dagegen kaum ins Gewicht. So machen Brot und Getreideerzeugnisse nur gut zwei Prozent des gesamten Warenkorbs aus. Die Preise für Verpflegungsdienstleistungen werden zu weniger als vier Prozent berücksichtigt.

Jeweils zur Monatsmitte werden die Preise für die Güter und Dienstleistungen im ganzen Bundesgebiet erhoben. Dabei werden Großstädte genauso abgedeckt wie kleinere Gemeinden. Insgesamt ergeben sich daraus monatlich rund 350 000 Einzelpreise, aus denen - nach verschiedenen Haushaltstypen sowie getrennt nach Ost- und Westdeutschland - elf verschiedene Verbraucherpreisindizes abgeleitet werden. Aus deren Vergleich ergeben sich die Teuerungsraten. Die jährliche Inflationsrate in Deutschland ist inzwischen - mit voraussichtlich 1,2 Prozent im Mai - sogar wieder auf den niedrigsten Stand seit Ende 1999 gefallen, nach 1,6 Prozent im Vormonat und 3,5 Prozent vor einem Jahr.