Frankfurt/M. - Wachsende Zweifel an der Dynamik des US-Aufschwungs haben den Dollar am Donnerstag weiter unter Druck gesetzt. Gegenüber dem japanischen Yen fiel der Dollar auf den tiefsten Stand seit sechs Monaten, gegenüber dem Schweizer Franken sogar auf den niedrigsten Kurs seit Januar 2000. Erneut profitierte auch der Euro von der zunehmenden Skepsis der Investoren über die Entwicklung in den USA. Mit 0,94 Dollar erreichte der Euro zeitweise den höchsten Stand seit 15 Monaten. Händler trauen dem Euro weitere Kursgewinne zu. «Technisch ist der Weg bis 0,95 Dollar problemlos frei», hieß es.
Den bisherigen Euro-Anstieg von rund vier Prozent seit Anfang Mai bewerten die meisten Ökonomen und Wirtschaftsverbände in Deutschland allerdings gelassen. «Rund 70 Prozent der deutschen Ausfuhren gehen in den Euroraum, zudem haben sich die meisten Unternehmen gegen Währungsrisiken entsprechend abgesichert», sagt Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA). Der bisherige Anstieg des Euro sei daher noch kein Grund zur Besorgnis. «Erst ab einem Kursniveau von 0,95 Dollar werden wir die eigene Position noch einmal überprüfen», sagte Börner.
Für die Verbraucher sehen die Experten in einem festeren Euro gleich mehrere Vorteile. So werde sich der stärker werdende Euro über kurz oder lang auch auf die Benzinpreise auswirken, sagte Rainer Wiek vom Hamburger Energieinformationsdienst. Die Heizölpreise sind bereits auf Talfahrt gegangen. Neben dem schwächeren Dollar, mit dem Ölgeschäfte abgewickelt werden, drücken gegenwärtig vor allem die hohen Lagerbestände in den USA und die Ankündigung der Russen, wieder mehr Öl zu exportieren, auf die Preise. Normalbenzin kostete vergangene Woche im Schnitt 105 Cent und Super 107,5. Auch für Urlauber mit den Reisezielen Übersee, Asien oder Großbritannien wird der Aufenthalt durch den Anstieg der Gemeinschaftswährung billiger. Allerdings gilt die gute Nachricht nur für die Kosten vor Ort. Pauschalreisen werden nicht billiger. «Die Preise sind festgelegt, die gelten zumindest bis zum Auslaufen der Kataloge», heißt es beim Branchenprimus TUI.
«Der Euro profitiert im Moment massiv von dem wachsenden Dollar-Pessimismus», erklärt ein Londoner Devisenmarkthändler. Vor allem die schwächer als erwartet ausgefallenen Daten zum Verbrauchervertrauen und Konsumentenausgaben in den USA hätten in dieser Woche die US-Aktienmärkte belastet und dem Dollar erneut spürbare Verluste beschert.
Hingegen konnten selbst die etwas schwächer als erwartet ausgefallenen Daten zum Wirtschaftswachstum in der Eurozone im ersten Quartal den Anstieg der Gemeinschaftswährung im Tagesverlauf nur kurzzeitig bremsen. Die EU-Statistikbehörde Eurostat hatte unter Berufung auf vorläufige Zahlen ein Wachstumsplus von 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal veröffentlicht. Analysten hatten im Schnitt mit einem Zuwachs um 0,3 Prozent gerechnet.
«Dass diese Zahlen am Markt nicht schlechter aufgenommen wurden, ist ein gutes Zeichen», sagte Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Zudem habe der Euro von der Schwäche des Dollar bisher überproportional im Vergleich zu anderen Währungen profitiert. «Beides könnte darauf hindeuten, dass sich an den Devisenmärkten bereits der Beginn einer leichten Euro-Stärke manifestiert.»