Jerini zieht die Kapitalgeber an

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Manfred Ronzheimer

Berlin - Als der Biochemiker Jens Schneider-Mergener Anfang November 1989 nach mehreren Forschungsjahren in Kalifornien sein Flugticket zurück nach Berlin buchte, da sah noch niemand die historischen Ereignisse voraus, die bald folgen sollten. «Aber als ich dann im Flugzeug saß, war die Mauer schon gefallen, und mir war sofort klar: Du gehst nach Ost-Berlin», erinnert sich der Wissenschaftler heute.

Der Pioniergeist von damals hat reiche Früchte getragen. Schneider-Mergener (45) ist heute nicht nur ordentlicher Professor an der Humboldt-Universität, sondern - mehr noch - Vorstandsvorsitzender einer Biotechnologie-Firma in Berlin, die aus seinen wissenschaftlichen Arbeiten hervorging: Die Jereni Biotools AG, die mit ihren inzwischen 85 Mitarbeitern jetzt ein neues Geschäftsdomizil in der Invalidenstraße in Mitte bezogen hat. «Für unsere klinischen Forschungen in der Charité ist der Standort optimal», sagt der Jerini-Chef.

Wie bei vielen Biotech-Gründungen bildet auch bei Jerini eine bestimmte «Technologie-Plattform» die Grundlage des Geschäfts. Bei Jerini sind dies die «Peptid-Chips», die nicht mit einzelnen DNA-Bausteinen arbeiten, sondern mit kompletten Proteinen, die wegen ihrer Wirkstoff-Funktion derzeit im Mittelpunkt der Pharma-Entwicklung stehen. «Unsere Peptid-Chips werden sowohl kundenspezifisch für die Arzneimittelentwicklung als auch für eigene Projekte hergestellt», erläutert Schneider-Mergener. Zu den Kunden zählen so renommierte Pharma-Größen wie Aventis, Bayer, Boehringer Ingelheim und Schering. An Eigenentwicklungen hat Jerini die Entwicklung eines Mittels gegen Leberzirrhose in der Pipeline. Schon hat Schneider-Mergener die nächste Vision im Visier: «Mein Traum ist es, dass einmal auf einer Pillenpackung das Jerini-Label prangt».

Der Aufstieg des 1994 gegründeten Unternehmens verlief indes gegen die herkömmlichen Muster des heutigen Biotech-Booms. Ohne jegliches Risikokapital, allein finanziert durch Forschungs- und Dienstleistungsaufträge aus der Industrie, entwickelte sich Jerini in den ersten Jahren im Wissenschaftspark Adlershof eher gemächlich. Der Schub kam, als sich Schneider-Mergener 1999 voll aufs Firmengeschäft konzentrierte. Ein Jahr später flossen 4,5 Mio. Euro Venture Capital in die Firma, unter anderem von der IBB-Beteiligungsgesellschaft und der Berliner Risikokapital-Gesellschaft Bmp. Im Oktober 2001 brachte die zweite Finanzierungsrunde satte 20 Mio. Euro zusammen - eines der bislang größten Investments in der deutschen Biotechnologie. Gebraucht wird das Geld vor allem für die Entwicklung von Pharmaka.

«Der Vorteil der Jerini AG ist, dass sie in ihrem Bereich der Peptid-Herstellung sehr breit aufgestellt ist», sagt Hubert Birner vom Münchner Risikokapitalgeber TVM, der an dem 20-Mio-Deal beteiligt ist. Hinzu komme das erfahrene Management des Unternehmens. «Wir fanden eine Truppe vor, die es allen schon bewiesen hatte», so Birner. «Wir haben ein gutes Gefühl, hier unser Geld richtig angelegt zu haben».

Jerini auf Wachstumskurs: Dazu gehört der Umzug nach Mitte in ein früheres Verwaltungsgebäude der Reichsbahn. Am Nordbahnhof sind auf doppelter Fläche alle 85 Mitarbeiter wieder beisammen. Bis Ende 2003 kann die Belegschaft durchaus auf 120 Mitarbeiter anwachsen.