Potsdam - Der Luftschiffbauer Cargolifter in Brand wird kurzfristig keine Insolvenz anmelden, nahm am Freitag aber Abstand vom Bau des weltweit einmaligen Großluftschiffs CL 160. Brandenburgs Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) nimmt erstmals Stellung zu den möglichen Ursachen für die Schwierigkeiten des Unternehmes. Das Managment habe den Kapitalmarkt offenbar unterschätzt und hätte das erforderliche Eigenkapital für die jetzt geforderte Bund-Länder-Bürgschaft aus dem Erlös der Aktienverkäufe bilden müssen. Gudrun Mallwitz und Jürgen Mundt sprachen mit Walter Fürniß über das hochfliegende Projekt.
Gewinnt das Unternehmen mit seiner gestrigen Entscheidung Zeit zum Durchatmen oder bedeutet dies die Aufgabe einer Geschäftsidee?
Wolfgang Fürniß: Es bedeutet einen zumindest vorübergehenden Abschied von der Produktion von großen Luftschiffen. Nun bleibt abzuwarten, ob das neue Konzept finanziell umgesetzt werden kann.
Das Unternehmen hat bis zuletzt auf finanzielle Hilfen des Bundes und des Landes Brandenburg gehofft. Warum bleiben sie aus?
Cargolifter hat Förderanträge für den Bau der Halle sowie des Besucher- und des Rechenzentrums gestellt. Alle drei wurden bewilligt. Dabei geht es um Zuschüsse in Höhe von 47,9 Millionen Euro. Die Geschäftsführung hat immer deutlich gemacht, dass sich das Unternehmen die übrigen notwendigen Mittel über den Kapitalmarkt besorgt. Das war auch Grundlage der Förderung. Noch im vergangenen Jahr hat das Unternehmen erklärt, mit Hilfe der Aktionäre sei ausreichend Eigenkapital vorhanden. Jetzt heißt es auf einmal: Ihr müsst uns helfen. Der Staat ist aber keine Intensivstation für Unternehmen, die in Schwierigkeiten geraten sind. Das ist nicht unsere Aufgabe.
Cargolifter will eine völlig neue Transporttechnologie auf den Weltmarkt bringen. Ist dies ohne staatliche Unterstützung überhaupt möglich?
Die Erfahrung zeigt: Große Projekte mit neuer Technologie insbesondere im Bereich Luft- und Raumfahrt kommen weltweit in der Regel nicht ohne finanzielle Hilfe vom Staat aus. Cargolifter hat dagegen darauf gebaut, genügend privates Kapital einwerben zu können. Dies stellte sich als illusorisch heraus. Bund und Land haben sich bereit erklärt, 80 Prozent eines 36-Millionen-Euro-Kredits per Bürgschaft abzusichern.
Warum greift diese Hilfe nicht?
Es gibt derzeit kein Kreditinstitut, das bereit ist, die fehlenden 20 Prozent des Darlehens im eigenen Risiko zu übernehmen. Ich habe dem Management zwar keine Ratschläge zu geben, aber wenn Cargolifter einen Teil des von den Aktionären eingeworbenen Kapitals den Banken als Sicherheit gegeben hätte, hätte die Bürgschaft in Anspruch genommen werden können. Die fehlenden Eigenmittel betragen 7,2 Millionen Euro.
Für eine Bank eigentlich keine große Summe...
Ich habe selbst Gespräche mit Banken geführt. Alle lehnten ab. Es geht aber nicht nur um diese Summe, die für eine Bank tatsächlich kein großer Betrag ist. Die Banker fragen vielmehr: Reicht das Geld aus, um das Produkt auf den Markt zu bringen? Was kommt danach?
Glauben Sie persönlich noch an das Projekt?
Ich glaube, die Idee ist richtig. Es lohnt, sich für diese Technologie zu engagieren und ihre Vermarktung in Deutschland zu realisieren, zumal die Lösung logistischer Probleme für global tätige Unternehmen eine immer größere Rolle spielen wird. Wesentlich ist aber auch, die potenziellen Kunden von dem Produkt zu überzeugen. Wenn beispielsweise Investoren sagten, wir beteiligen uns finanziell, hätte das wahrscheinlich weitreichende Auswirkungen.
Sind die Mittel der Politik zur Rettung von Cargolifter ausgereizt?
Die Position des Bundes und des Landes sind klar. Wir werden aber weitere Gespräche mit allen Beteiligten führen.
Die Großprojekte in Brandenburg sind nicht unumstritten. Wird es weitere geben?
Großprojekte im Osten werden immer seltener. Es ist falsch, eine Wirtschaftspolitik zu machen, die von der Hoffnung auf große Vorhaben lebt. Wenn aber dennoch Investoren nach Brandenburg kommen und große Projekte verwirklichen wollen, dann werden wir sie auch künftig dabei unterstützen - ohne dabei den Mittelstand zu vernachlässigen.