Der 1. Februar 2003 markiert das Ende eines Berliner Traditionsunternehmens. Die letzte Hauptversammlung der Bewag beschloss, dass der Stromversorger in Vattenfall Europe aufgeht. Dennoch bleibt der Name der Stadt erhalten. Und auch der Strom fließt wie bisher.
Berlin - Das Ende der alten Bewag stand seit Wochen fest. Und so blickte manch langjähriger Kleinaktionär mit Wehmut auf die letzte Hauptversammlung des Unternehmens am Freitag. Widerstand war ohnehin zwecklos, denn Vattenfall Europe gehören 89,6 Prozent der Aktien. Die Bewag wird nun auf ihre Mutter verschmolzen, die Aktie verschwindet nach mehr als 70 Jahren vom Kurszettel.
Die Kleinaktionäre erhalten für ein Bewag-Papier 0,5976 Vattenfall-Europe-Aktien. Der Umtauschkurs errechnet sich aus dem Wert von Vattenfall Europe (4,48 Mrd. Euro) und dem der Bewag (3,18 Mrd. Euro). Den Kleinaktionären war letzterer zu niedrig angesetzt, schließlich sei die Bewag das wirtschaftlich gesundeste Unternehmen im Konzernverbund. Doch gegen die Macht des Mehrheitsaktionärs war kein Ankommen.
Eine Überraschung gab es doch. Das Vorsteuerergebnis ist eingebrochen. In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2002/2003 (30. Juni) betrug es 90 Mio. Euro - nach 171 Mio. Euro vor einem Jahr. Grund sind unter anderem Rückstellungen für Vorruhestandsregelungen. Trotz der Verschmelzung bleibt die Bewag der Stadt als Marke erhalten, die Stromrechnungen tragen weiterhin den Namen im Kopf.
Die Entstehung der Bewag ist die Geburtsstunde der deutschen Elektrizitätswirtschaft. 1884 hoben die beiden Gründer der AEG, Oskar von Miller und Emil Rathenau, die Berliner Städtischen Electricitäts-Werke aus der Taufe, den ersten öffentlichen Stromversorger Deutschlands. Am 15. August 1885 eröffneten Von Miller und Rathenau, Vater des späteren Reichsaußenministers, das erste öffentliche Kraftwerk Deutschlands in der Markgrafenstraße 35 am Gendarmenmarkt.
Das Unternehmen ging nach dem Tode Rathenaus 1915 in städtischen Besitz über, bevor sich 1931 ein internationales Konsortium an dem Versorger beteiligte. Von der Berliner Kraft- und Licht (Bewag) Aktiengesellschaft spaltete 1948 die sowjetische Zentralkommandantur eine Ost-Bewag ab, die sich als VEB Energiekombinat Berlin bis 1991, als Berlin energiwirtschaftlich wiedervereinigt wurde, unabhängig entwickelte.
1997 privatisierte der Senat die Bewag. Die Eon-Vorgänger Viag und Veba erhielten zusammen 49 Prozent, der US-Konzern Southern Energy aus Atlanta (später Mirant) 26 Prozent der Anteile. Wegen der gegenseitigen Blockade der Anteilseigner im Aufsichtsrat genoss der Bewag-Vorstand unter Dietmar Winje vergleichsweise große Unabhängigkeit. Dank eines ebenso ehrgeizigen wie erfolgreichen Kostensenkungsprogrammes und moderner Kraftwerke mit staatlich geförderter Kraft-Wärme-Kopplung wurde die Bewag einer der profitabelsten Stromkonzerne Deutschlands.
Als die Veba und Viag 1999 fusionierten, verlangte das Bundeskartellamt, dass sie ihre Beteiligungen in den neuen Bundesländern aufgeben. Nach zweijährigem Bieterstreit übernahmen am 11. Februar 2002 die Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), die zuvor der schwedische Vattenfall-Konzern gekauft hatte, die Bewag. Seitdem bündelt Vattenfall HEW, Bewag, den Kraftwerks- und Netzbetreiber Veag sowie den Braunkohle-Förderer Laubag zur neuen Vattenfall Europe AG. Der Konzern soll den Marktführern Eon und RWE Konkurrenz machen.