Ach, wie wundervoll, dass er das sagt. Auf die Frage, was ihn denn 1971 nach Berlin verschlagen habe, antwortet Philippe Causse: „Ich bin der Liebe wegen hier.“ Er sagt es, wie nur ein Franzose das sagen kann.
Der inzwischen 62-Jährige ist immer noch in der Stadt. Inzwischen wegen einer anderen Liebe, seiner Ehefrau. Und wegen seiner beiden Töchter, Anaïs und Noémie. Gemeinsam mit seiner älteren Tochter Anaïs betreibt Philippe Causse das Spezialitäten- und Feinkost-Geschäft „Maître Philippe et filles“ an der Emser Straße in Wilmersdorf. Tochter Noémie wird im neuen Jahr einsteigen.
Philippe Causse kam mit 18 Jahren aus Marseille nach Deutschland. Seit 1976 lebt er fest in Berlin. Er arbeitete damals auch als Koch. „Wenn man in den 70er-Jahren als Franzose in Berlin war, galt man als Koch, ganz automatisch“, sagt der Maître. Dann fing er an, mit Wein zu handeln. „Ich habe 1979 meinen ersten Laden in Steglitz eröffnet“, sagt er. Das Geschäft lief nicht. Casse musste schließen. „Ich startete dann einen zweiten Laden am Savignyplatz. Dort ging es viel besser.“
Befeuchtungsanlage für Käse
Im derzeitigen Geschäft an der Emser Straße hält der Erfolg seit mehr als 20 Jahren an. Causses Augenmerk liegt auf Käse, natürlich auch auf den Weinen, aber die Käseauswahl bei „Maître Philippe et filles“ ist das wahre Erlebnis. Und nicht nur die Auswahl: Allein die Präsentation ist einzigartig. Alle 15 Minuten hört man ein leises „Pfffffff....“ in den drei kleinen Räumen. „Das ist unsere Befeuchtungsanlage“, sagt Anaïs Causse und zeigt zur Decke. Ein ganz feiner Sprühnebel rieselt von dort hinab, nicht aber auf die Kundschaft, sondern auf die duftenden Käsespezialitäten, die in der Theke liegen. „Eine Minute lang wird unser Käse mit dem Wasserstaub besprüht, das bewirkt ein optimales Raumklima“, sagt die Tochter des Chefs. „Wir haben keine weitere Kühlung, deshalb können wir unsere Käsesorten auch in verschiedenen Reifegraden anbieten.“
Nicht nur die Lagerung, auch die Auswahl der Käsesorten ist einzigartig. Da wäre der Chaource aus der Champagne (100 g für 2,39 Euro) oder ein Beaufort (100 g für 3,95 Euro). Angefangen hat alles mit Crottin de Chavignol, einem Weichkäse aus Ziegenrohmilch (3,50 Euro). „Ich war damals als Weinhändler in Frankreich unterwegs und habe verschiedene Winzer besucht“, sagt Philippe Causse. Bei einer Weinverkostung in Lyon bezauberte ihn nicht nur der Wein, sondern auch der Käse, den der Weinhändler dazu reichte: jenen Crottin de Chavignol. Nach einigem Hin und Her verriet er Philippe Causse, von wem er den Käse bezog.
„Dieser Hersteller, der Affineur, ist eine graue Eminenz auf seinem Gebiet. Er verlangte von mir, dass ich Workshops bei ihm besuche, wenn ich seinen Käse verkaufen möchte. Also willigte ich ein“, sagt der Maître und lacht. Die Leidenschaft des Affineurs steckte den Maître an. „Der Renner bei uns ist der Comté Extra“, sagt Tochter Anaïs, die seit vier Jahren mit ihrem Vater im Laden steht. „Wir verkaufen jede Woche einen Laib von etwa 36 Kilo. Erst kürzlich kam ein Kunde herein und sagte: Ein Abend ohne Comté sei kein guter Abend.“ Für 2,49 Euro pro 100 Gramm rettete der Kunde wieder seinen Tag.
Sardinen für Sammler
Neben Käse bekommt man an der Emser Straße auch jede Menge Fischkonserven: „Philippe hat wahrscheinlich die größte Auswahl Deutschlands“, heißt es auf der Homepage. Einen Raum füllen Sardinen und Thunfisch in bunten Dosen. „Wir verkaufen ausschließlich den thon blanc german, also weißen Thunfisch, der nicht von der Überfischung betroffen ist“, sagt Anaïs Causse. Ab 3,95 Euro kann man so mit gutem Gewissen Thunfisch kaufen.
Groß ist auch das Angebot der Jahrgangssardinen, der besten Sardinen also vom jeweiligen Fang. Sie werden nicht schockgefrostet und sind in bestem Olivenöl eingelegt. „Die Dosen halten fünf bis acht Jahre. Man sollte sie zu Hause alle sechs Monate drehen und mindestens ein Jahr liegen lassen“, sagt Anaïs Causse. Erst dann ist das Fischfleisch perfekt vom Öl durchdrungen und butterzart. Die Sorten „la belle iloise“ (ab 4,95 Euro) und „la quiberonnaise“ (ab 5,95 Euro) begeistern ebenfalls die Gourmets.
Bleibt noch die Frage, ob es etwas typisch Französisches zu Silvester gibt. Doch statt einen kulinarischen Tipp zu geben, antwortet Philippe Causse nach kurzer Überlegung mit charmantem Lächeln: „Bei uns wird nicht geknallt, bei uns wird geküsst!“
Maître Philippe et filles Emser Straße 42, Wilmersdorf, Tel. 88 68 36 10, www.maitrephilippe.de, Öffnungszeiten: Di.–Fr. 10 bis 19 Uhr, Sbd. 10 bis 14 Uhr